Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artitel 2. Biemarc. 83 
Parlaments eine andere Behandlung gestatten würden, als in einem Falle, 
wo man sieht, daß das Parlament nicht unbedingt mit der Regierung geht 
woren. Ich muß dazn zurülckgriisen auf die Ursachen, die es veraulaßt haben, daß das 
Großherzogthum Luxemdurg nicht Mitglied des Norddeutschen Bundes it. Bei Auflö= 
song und durch die Aufiölung des früheren Deueschen Bundes gewann jeder der an dem- 
jelden detheiligten Sigaten seine volle Sonverainett wieder, so wie er sie vor Sustang 
## Bundes besessen, aber durch die Verpftichiungen, die er im Bundesvertrage freiwillig 
eingegangen war, beschränki hatte. Nach Auflssung des Bundes genoß das Großherzog= 
lhum buxemburg und sein Großherzog derselben Souverainetät Europsischen Charaksere, 
wir das Königreich der Niederlande und sein Känig. Die große Mehrzahl der früheren 
Bundesgenoslen, gleich Prrußen, benutzten ihrr Frriheil, um sasort auf dem nationalen 
Seden einen neuen Bund behuse gegenseitiger Untersichung und Pflege der natianalen 
Interessen zu schließen. Das Großherzogihum Luxemdurg fand es seinen Interrfsen 
nicht entsprechend, denselben Weg einzuschlagen. Durch die Organe, welche uns inner- 
hald des Großherzogthums und an seinen Giinzen zu Gebate Kehen, waren wir davon 
in Kran miß gehalten, daß eine entschiedeue Adneigung, dem Norddeutschen Bunde dei- 
zmreten, in allen Schichten der Bevöllerung heimisch war. In den höheren und na- 
memlich in den höchsten war sie getragen von einer deutlich ausgesprochenen Mißstim- 
Mung gegen Preuhen und dessen Ersolge, in den unteren getragen von einer Aduigung 
schen die Uebernahme derjenigen Laken, die eine ernsthafte Landesvertheidigung muün sich 
fühn. Die Stimmung der kupxemburgischen Neglerung fand Ansdruck in einer Depesche, 
bie im October an uns gerichtet wurde, und in welcher sie uns nachzuweisen suchte, daß 
wir kön Recht mehr hätten, in Luxemburg Garuison zu halten. Die Känigliche Kegie- 
nng und ihre Bundesgenofsen mußten sich die Frage stellen, od ee angemessen sei, unter 
dusen Umständen eine Einwirkung oder gar einen Druck dahin zu Üden, daß das Graß- 
berzogihum, weiches dem Zollverrin angehöm, auch dem Norddenischen Bunde beimste. 
Eie hat sich nach gründlicher Erwägung diese Frage verneint. Sie mußte es einmal als 
einen zweiselhasten Bortheil betrachten, in einem Bunde von dieser Intimit##t in 
dem Graßherzog von Luxemdurg ein Mitglicd zu haden, welches in seiner Eigeaschaft 
eis König der Niedersande seinen Schwerpunkt außerhalb des Bundes, feint Interefsen 
außerhald des Bundes hat und vielsach möglicherweise im Widerspruch mit dem Bunde 
hoben konnte. Die Ersahrungen, welche wir in dirser Bezichung in dem frühertn Bunde 
chabt haben, waren lehrmich geung, um uns adzuhalten, eine ähnliche Ginurichtung in 
vallem Maße auf die neue Institutton zu öbertragen. Die Königliche Regieruug hat 
sich ferner gesagt, doß vermöge der geographischen Lage und der eigenthümlichen Ber- 
bllmisse gerade des Großherzogthume Luxemdurg die Behandlung insdesondere dieser 
Frage einen höheren Grad von Borsicht erforderte. Man erweist der Preußischen Po- 
lit nur Gerechtigkeit, wenn an einer hervorragenden Stelle ausgesprochen worden ist. 
Di Prrußische Politik suche die Empfindlichleit der Französlschen Nation — natürlich, so- 
weit es mil der eigenen Ehre venräglich in — zu schonen. Die Prrußische Politik findet 
und sand zu einer folchen Palitik Anlaß in der gerechten Würdigung der Bedeurung, 
welche die frenndschastlichen Bezichungen zu einem mächugen und edendürtigen Nachdar- 
volke für die friedliche Enmtwicklung der Deutschen Frage haden maßten. Aus derselden 
Käcksicht, die ich hiermit charakterisirt hade, will ich mich enthalten, aus den zweilen Theil 
der Interpellation mit Ja oder Nein zu antworten. Der Wortlant diesee zweiten Thei- 
les jst ein solcher, wie er einer Bollevertritung, die auf dem nationalen Boden Keht, 
wohl austehen mag; er gehört ader nicht der Sprache der Diplomoten an, wie ste in 
Behandlung internationaler Beziehungen, so lange dirselben im friedlichen Wege erhallen 
werden können, geführ zu werden pflegt. Was den ersten Theil der Intewwellalon be- 
wise, so will ich das Sachverhältniß, soweit es zur Kenntniß der Königlichen Neglerung 
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