Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Art. 2. Grundrechte. Dr. Reichensperger. 989 
von diesem sondern von gar manchem andern noch, die den Herrn von der 
Linken mit uns sehr werth waren, einfach sagte, es seien das nur Monologe, 
die keine praktische Bedeutung hätten. Von den anderen Artikeln haben die 
Herren niemals geglaubt, daß es politische Monologe seien. Ich traue Ihnen 
auch nicht zu, daß Sie es von dem § 15 meinen; ich vertraue, daß 
Sie nicht der Ansicht des Herrn von Stauffenberg sind, daß Sie vielmehr 
in diesem Arkikel ein Fundamentalprinzip, einen obersten Grundsatz 
erkennen von unmittelbarster praktischer Wirkung, und daß das 
Weitere Sache friedlicher Auseinandersetzung ist zwischen den Regierungen 
und der Kirche sei es auch unter Mitwirkung der Gesetzgebung. Nach dem 
Gesagten wird der Herr Abgeordnete hoffentlich weiter nicht an dem Gedanken 
festhalten, daß er und seine Landsleute sich in ein Chaos begeben, wie er 
wörtlich gesagt hat, wenn Sie für den § 15 stimmen. Gott sei Lob 
und Dank: in Preußen ist von einem Chaos bis jetzt noch nichts wahrzu- 
nehmen, im Gegentheil gestalten sich hier die Verhältnisse immer gesunder, 
immer normaler: (Heiterkeit) ich bitte den Herrn Abgeordneten, das seinen 
Landsleuten, die mit ihm beunruhigt sind, doch ia recht eindringlich vor- 
stellen zu wollen! Der Herr Abgeordnete hat dann noch auf den inneren 
Zwiespalt in der katholischen Kirche hingewiesen; er hat uns einen Mann 
prophezeit, der kommen und das große Wort aussprechen werde, zufolge 
welches eine Scheidung innerhalb der Kirche eintrete, eine Scheidung 
zwischen den sogenannten reaktionären Ultramontanen und den stark- 
geistigen Katholiken, die hoch erhaben über dem Ultramontanismus 
stehen. Nun, wir wollen sehen, ob der Zauberstab wirklich gefunden 
wird; einstweilen sind wir, meine Freunde und ich, noch durchaus nicht be- 
unruhigt in dieser Beziehung. Stürme hat es von jeher in der Kirche 
gegeben während der zwei Jahrtausende, während welcher sie besteht. Bis 
jetzt ist das Schifflein Petri noch immer trotz derselben oben auf den Wellen 
geblieben und ich denke es wird auch sobald nicht scheitern. Auch in dieser 
Beziehung glaube ich könnte der Herr Abgeordnete sich vollständig beruhigen. 
Was übrigens diesen inneren Zwiespalt anbetrifft, der von allen Seiten mit der 
größten Selbstgefälligkeit ausgebeutet wird, so gestehe ich, daß ich mich nicht 
in der Lage der Herren befinde. Ich bin nicht Historiker und nicht Theologe 
genug, um diese Frage so zu erforschen, wie sie erforscht werden muß, wenn 
man darüber ein sachverständiges Gutachten abgeben will. Der Herr Graf 
Renard, der seincrseits gestern sagte, der Abgeordnete für Olxpe habe den 
Antrag von einem niedrigen Standpunkte vertheidigt, hat allerdings sich selbst 
auf einen sehr erhabenen Standpunkt gestellt; er hat sich nämlich über den 
gesammten Episkopat der katholischen Kirche gestelll; er kennt die Materie 
besser als unser Episkopat. Ich gratulire ihm von Herzen dazu und bedaure 
nur, daß er nicht gegenwärtig ist, um diesen Glückwunsch in Empfang zu 
nehmen. Damn aber, meine Herren, will ich Ihnen noch Einiges zu Ihrer 
Beruhigung sagen. Ich erinnere mich, daß jedes Mal, wenn früher hier in 
diesen Räumen, die damals als Abgeordnetenhaus dienten, vom Papste die
	        
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