Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1024 I. Session des deutschen Reichstages. 1871. 
nach Vereinbarung mit den betheiligten Uferstaaten, überlassen werden solle. 
Daß dieses Mißverständniß aber auch entschuldbar war, glaube ich, gebt 
aus der Motivirung des Herrn Abgeordneten für Harburg gleichfalls her- 
vor. Er spricht selbst in seiner Begründung aus, die Sache solle vom Bunde 
verwaltet werden. Ja in dem Artikel 4 soweit ich es verstehe ist nur von 
der Oberaufsicht und von der Gesetzgebung die Rede, aber nicht von der Ver- 
waltung, und in dem rorletzten Alinea der Begründung sagt das Mitglied 
für Harburg, die Centralverwaltung solle es administriren, allenfalls unter 
Konkurrenz der Uferstaaten. Also, wenn ein solches Motiv gedruckt vorliegt, 
da ist es gewiß entschuldbar, wenn Andere, die der Sache nicht so nahe stehen, es 
so mißrerstehen. Aber noch weiter, da der Nautische Verein und seine Ver- 
sammlung angezogen ist, will ich auf Eins aufmerksam machen. In diesen 
Verhandlungen stellten die Abgeordneten für Bremen den Antrag, daß nach 
Artikel 54 der Bundesverfassung für solche Anstalten eine Abgabe erhoben 
werden sollte, die natürlich keine Revenue sei und nicht mehr betragen dürfe, 
als für die Anstalten erforderlich ist. Die Majorität — und die große 
Majorität — dieser Versammlung, die allerdings aus Sachverständigen be- 
stand, sagte: nein, alle diese Anstalten müssen Bundessache sein, müssen un- 
entgeltlich hergestellt werden und es darf keine Abgabe dafür erhoben werden. 
Ja, meine Herren, das ist sehr angenehm und ganz nett für die Betheiligten; 
aber bei unseren ganzen Zustäuden halte ich es — ganz abgesehen von der Finanz- 
lage des Bundes — für ungerecht, wenn für ein Revier, wo die betheiligten Ufer- 
staaten den Hauptnutzen davon haben, daß das Revier gut beleuchtet, gut betonnt 
ist, daß Handel und Schifffahrt sich dahin zieht, — wenn für ein solches 
Revier rielleicht die Leute im Innern Deutschlands mit besteuert werden 
sollten. Dagegen muß ich mich gerade vom Standpunkte der Uferstaaten 
auf das Allerentschiedenste wehren. Ferner würde auch, wenn eine Central= 
regierung das Maaß bestimmen soll, wieviel für jeden Fluß aufgewandt 
werden soll, dieselbe nothwendigerweise in Verlegenheit kommen das richtige 
Maaß für jeden auszufinden. Da mögen die Betheiligten sich anstrengen, 
da mögen sie selbst verwalten und sehen, was Ihnen nutzt und frommt; 
allenfalls, wennman es will — ich habe soviel nicht dagegen — mag dann 
eine Handhabe geboten werden die Widerstrebenden zu vereinigen. Nun 
muß ich sagen: wie der Antrag hier steht, halte ich es gerade für eine 
Unmöglichkcit, daß er angenommen werden kann. Denn was sagt er? Er 
sagt: die Schifffahrtsanstalten — in Klammern so und so u. s. w. — Meine 
Herren, das ist alles Mögliche, was Sie da hinein sich denken sollen, das 
sind Helgen, Trockendocks, Krähne, Bugsirböte, Tonnen, Baken und was 
Sie Alles wollen! Also das geht nicht. Der Herr Antragsteller hat das 
auch schon selbst eingesehen, wahrscheinlich da es viel durch die Presse bear- 
beitet ist; er ist selbst zu der Ueberzeugung gekommen, daß der Antrag, wie 
er hier steht, nicht angenommen werden kann, und hat ihn gewissermaßen 
schon selbst modifizirt. Aber wenn, wie er vorhat, doch das Eine oder Andere
	        
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