1064 1869. Art. 4 Zifl. 13.
Bundesgebiete aufgewogen zu sehen. Diese ist aber nach diesseitiger Ansicht
erst dann zu erreichen, wenn von einer Trennung gewisser, als „Handels-
sachen“ bezeichneter Prozesse von den übrigen im Geschäftsrerkehr sich er-
gebenden Rechtsstreitigkeiten gänzlich abgesehen (Sehr richtig!) und ein ge-
meinsamer Gerichtshof für alle Sachen, sowohl des Kriminal= als des bür-
gerlichen Rechts, mindestens aber des letzteren, errichtet wird.“ Meine
Herren, es wird das später mit eben so schlagenden Worten noch weiter aus-
geführt, und betont (was ich mir auszuführen bereits erlaubt habe) daß eine
Trennung im Rechtssystem unmäöglich ist, daß sie nur zum Schaden der Ge-
setzgebung gereicht, daß sie die Rechtssprechung zerreißt. Wenn nun weiter
gesagt wird: durch den Antrag werde maßlos in die Verhältnisse der Einzel-
staaten eingegriffen, sobestreite ich das ebenfalls vollkommen und mindestens müssen
Sie mir zugeben, daß viel weniger eingegriffen wird, als dies unsere Verfassung
bereits in demselben Artikel, um den es sich hier handelt, gethan hat, indem sie das
Strafrecht und die Strafrechtspflege ausdrücklich in die Kompetenz der Bundes-
gesetzgebung stellte. Meine Herren, das Strafrecht und der Strafprozeß hängen
untrennbar mit dem öffentlichen Recht zusammen. Man kann sich ein Straf-
recht nicht denken, welches auf anderen Fundamenten ruht als das öffentliche
Recht eines Landes. Ich theile in dieser Beziehung vollkommen die Ansicht,
die der Abgeordnete für Thorn bei einer andern Gelegenheit in diesem Hause
aussprach und wobei er die einschlagenden Gesichtspunkte scharf betonte. Das
Privatrecht greift an sich nicht ein in die öffentlichen Verhältnisse; wir haben
verschiedene Staaten, selbst verschiedene Nationen, die dasselbe Recht haben,
das gemeine Recht, ohne daß das irgend cinen Einfluß auf die öffentlichen
Beziehungen dieser Länder zu einander hatte. Was die Frage nach der
Gerichtsorganisation betrifft, so stimme ich mit dem Antragsteller darin
überein, daß die Gerichtsorganisation in ihren großen Grundzügen dem-
selben Faktor anheim gegeben werden muß, der das gerichtliche Ver-
fabren zu bestimmen hat, und ich berufe mich in dieser Beziehung auf das,
was für uns in Preußen zunächst gilt. Sehen wir uns unser Prozeßgesetz an,
d. h. die allgemeine Gerichtsordnung! Man kann sich eine Gesetzgebung über
das gerichtliche Verfahren nicht denken, die nicht zugleich über die Gerichts-
höfe allgemeine Bestimmungen giebt, denn jede Kodifikation des Prozeßrechts
bewegt sich in drei großen Richtungen: wer richtet, über was wird gerichtet
und wie wird gerichtet? Nur wenn diese drei Fragen beantwortet werden,
sind die allgemeinen Grundsätze gegeben, auf welchen das gerichtliche Ver-
fahren eines Landes beruhen kann. Weil dies aber der Fall ist, meine
Herren, so sehe ich keinen Nachtheil darin, dies ausdrücklich auszusprechen,
denn ich theile auch darin die Ansicht des Herrn Antragstellers, und ich
glaube, daß diejenigen Herren, die man hier par excellence die Vertreter
der Kleinstaaten nennt, in diesem Punkte gewiß mit mir übereinstimmen
werden: es ist besser selbst eine erweiterte Kompetenz scharf zu begrenzen
und ehrlich einzuhalten, als daß man bei jeder Gelegenheit, wenn man
in der Unmöglichkeit ist, innerhalb der formellen Schranken zu bleiben, mit