1068 1869. Art. 4 Ziff. 13.
Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Ich weiß nicht, ob die Herren
Rheinländer, die heute hier anwesend sind, viel Neigung haben den (olle
Japoléon aufzugeben, bis jetzt habe ich immer nur gehört, daß sie eine
große Vorliebe für denselben haben. So viel ich aus meinem Heimatlande
gehört habe, haben wir eben so wenig Neigung, unser neues bürgerliches
Gesetzbuch wieder aufzugeben, welches erst vor wenigen Jahren eingeführt ist
und den neuen Forderungen der Rechtswissenschaft vollkommen entspricht.
Der preupische Herr Justizminister wird wehl eben so wenig geneigt sein,
über Nacht das preußische Landrecht in die Spree zu werfen, er könnte es
auch nicht. Was wird also die Folge des Antrages sein, der uns heute vor-
liegt? — Eine Kodifikation von vielerlei verschiedenen Rechtssystemen in ein Ge-
setzbuch ist eine Unmäöglichkeit. — Die einfache Folge wird also die sein, daß
uns als neues bürgerliches Gesetzbuch der Abguß einer Bearbeitung des
Freßischen Landrechts vorgelegt wird. (Widerspruch.) Viel mehr, meine
Herren, kann der Preußische Staat nicht thun und ich muß Ihnen aufrichtig
gestehen, ich halte das preußische Landrecht mit seiner Kasuistik durchaus nicht
für mustergiltig und geeignet die Grundlage einer künftigen gemeinsamen bür-
gerlichen Gesetzgebung abzugeben. Ueberhaupt sind wir hier doch, meine Herren,
— und das dürfen wir nicht vergessen — zunächst eine politische Vereini-
gung. Seweit der Norddeutsche Bund zu gleicher Zeit volkswirthschaftliche
Zwecke verfolgt, sind ihm bereits aus dem Gebiete des bürgerlichen Rechtes
diejenigen Materien überwiesen, die vorzugsweise für den allgemeinen Ver-
kehr von Interesse sind: das Handels= und Wechselrecht, das Obligationsrecht.
Darüber hinans leugne ich überhaupt, für jetzt wenigstens, irgend ein Be-
dürfniß, weitere Materien der bürgerlichen Gesetzgebung der Bundesgesetz-
gebung zu überweisen. Ich möchte aber auch, meine Herren, noch etwas
weiter gehen und Ihnen das offene Bekenntniß ablegen, daß auch, wenn ich
die Zusammensetzung des Norddentschen Bundes in seinen Verhältnissen über-
schaue, ich uns überhaupt kaum für befähigt erachten möchte eine bürgerliche
Gesetzgebung, ein neues bürgerliches Gesetzbuch zu machen. Es ist das nicht
der Gegenstand der Thätigkeit einer vorzugsweise aus politischen Rücksichten
zusammengesetzten großen Versammlung. — Noch tiefer aber als das bürger-
liche Gesetz würde jedenfalls die Gerichtsorganisation und deren Ueberweisung
auf den Bund in die Verhältnisse der einzelnen Staaten eingreifen. Meine
Herren, die Gerichtsorganisation und deren vollständige Ueberweilung an den
Bund würde nichts anderes sein als die Ueberweisung der gesammten Justiz-
hoheit an den Bund und Entnahme derselben von den Ginzelstaaten. Sobald
die bürgerliche Gesetzgebung zur Bundessache erklärt wird, wird auch die
Aufsichtsführung und die weitere Verwaltungsorganisation Sache der Bundes-
gewalt werden. Hierauf führt Artikel 4 im Eingange unserer Bundesrverfas-
sung. Dies schließt ein: die Behördenorganisation, die Anstellung der Beam-
ten, sowie alle Einrichtungen, welche sich auf die nichtstreitige Gerichtsbarkeit
beziehen, Hypothekenwesen, Vormundschaftswesen u. s. w. — Sie werden be-