Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1088 1869. urt. Zis. 13. 
deprecire das „gedonnert", ich will lieber sagen: uns eventualiter ein solches 
„Bis hierber und nicht weiter!“ in Aussicht gestellt hat für den Fall, daß 
wir fortführen, ihn in schlechten Oumor zu versetzen — (Heiterkeit) ich sage 
also, in demselben Augenblicke, wo Herr von Zehmen das gesagt hat, in 
demselben Augenblicke, wo Herr von Griesen jenes gesagt hat, in demselben 
Augenblicke unterbreitet derselbe Königlich Sächsische Minister dem Bundes- 
rath und dem Reichstage einen Gesetzentwurf, der direkt und diametral allen 
deujenigen Regeln entgegengesetzt ist, welche diese Herren aus Sachsen uns 
für unser Verhalten vorschreiben. (Sehr gut! Sehr richtig!) Ich frage Sie, 
meinc Herren ist denn dieser oberste Gerichtshof für Handelssachen, den 
Sachsen vorschlägt, nicht eine Kompetenzerweiterung? ist er deun nicht ein 
ingriff in die Gerichtsorganisation der einzelnen Staaten? wird denn da- 
durch nicht in den Einzelstaaten die zweite Instauz mediatisirt und die oberste 
Instanz abgeschafft? ist das nicht ein Eingriff in das Preußische Obertribunal 
und in alle obersten Gerichtehöfe des Bundesgebietes? (Sehr wahr!) Wenn 
also Herr von Zehmen sich so unendlich betrübt und von diesen Dingen bis 
in's Herz getroffen fühlt, so mag er sich doch vor allen Dingen an seinen 
verehrten Landsmann wenden, er mag dann, wenn er ein so treussächfisches 
Herz in der Brust hat — was ich ihm auch gar nicht zum Vorwurf mache 
— diesen Streit doch einmal erst auf Sächsischem Boden ausfechten, er mag 
sich an die Regierung halten, die ihm die theuerste ist, nämlich an die 
Sächsische, und uns hier nach unserem Belieben weiter leben lassen, stan 
uns solche Dinge, solche böse Ankündigungen von dem „immer verdrießlicher 
werdenden rerdrießlichen Bundesgenossen“ vorzutragen. (Heiterkeit.) Wenn 
wir diesen Aufforderungen folgen wollten, wenn wir diesen Stimmungen 
gerecht werden wollten, wenn wir diese Richtungen versöhnen wollten, 
saddann, meine Herren, bleibt uns gar nichts Anderes übrig, als 
wir lösen den Norddeutschen Bund, den wir vor zwei Jahren ge- 
schaffen haben, wieder auf, wir geben Sie, die Sachsen, dann wieder zurück 
unter die Oesterreichische Fremdherrschaft, unter der Sie früher gestanden 
haben. Sie mögen dann einmal mit Oesterreich einen Bund machen, Sie 
mögen eimmal probiren, wie es sich auf die Dauer bei solchen Finanzen fährt, 
Sie mägen eimmal austreten aus dem Zollverein und sehen, wo dann Ibhre 
wirthschaftliche Eutwickelung und Blüthe hinkommt. Wenn Sie das wollen, 
daun sagen Sie es; wollen Sie es aber nicht, nun, dann machen Sie auch 
keine Andeutungen, welche, wenn sie überhaupt einen Sinn haben, soweit ich 
die Dinge zu beurtheilen im Stande bin, nicht anders realisirt werden könnten, 
als wenn wir das Jahr 1866 für nicht geschehen, für null und nichtig er- 
klärten und freiwillig zurückkehrten in das Elend des alten Bundestags, von 
dem wir nun glücklich befreit sind. Wenn fortwährend geklagt wird über 
die übermäßige Auedehnung der Bundesgewalt, so muß ich dein gegenüber 
doch erinnein, daß in deujenigen Dingen, die der Gesetzgebung der Bundes- 
gewalt untenvorfen sind, die Gesetzgebung der Einzelstaaten ja keineswegs 
ausgeschlossen ist, auf diesen Gebieten können die Einzelstaaten ja fortwährend
	        
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