Bassewitz 1113
abwesenden Kollegen handelt, der nicht einmal im Stande ist, ihm heute
auch nur im Wege der persönlichen Bemerkung zu erwidern!
Abgeordneter Graf von Bassewitz (fortf.): Dann werde ich weiter fort-
fahren. Es eristiren darüber allerdings sehr verschiedene Begriffe, wie man
das Recht des Einzelnen schützt, und was man einen Schutz des Einzelrechts
nennt. Es hat z. B. der Herr Abgeordnete Twesten damals auch gesagt,
der Antrag Münster-Twesten wäre gestellt worden, damit das Recht der
einzelnen Länder hier besser gewahrt werden könne. Nun, das sind ver-
schiedene Ansichten. Ich aber kann darauf nur antworten: beneticin non
obtruduntur, und ich für meine Person, ich muß ganz ergebenst für dieses
Dangergeschenk danken. Der Herr Abgeordnete Lasker hat damals auch ge-
sagt: „wir sind es nicht, die die Einzelstaaten vernichten wollen.“ Nun, ich ehre die-
sen Willen, aber die Thaten sind nur nicht danach; denn Sienehmen unt oder wollen
uns nehmen Eines nach dem Anderen, was den einzelnen Ländern gebührt. Wenn
wir aber rein materiell diese Sache ins Auge fassen, so weiß ich nicht, was Sie
Alles darunter begreifen können, aber jedenfalls werden Sie unter das bürger-
liche Recht mitbegreifen wollen: die Bestimmungen über das Familienrecht,
über das Erbrecht, über Liegenschaften oder das Immobiliarrecht und ver-
schiedene andere Sachen der Art. Und das gerade sind ja diejenigen Ge-
biete des Rechts, wo es so höchst bedenklich und gefährlich ist, auch nur
einzelne Abänderungen stattfinden zu lassen, ohne alle Spezialgesetze und
Einrichtungen zu kennen und ohne Uebergangsbesti gen auch für die
einzelnen Fälle zu treffen, wenn man nicht muthwillig in Recht und Eigen-
thum eingreifen will; das sind ja gerade die Gebiete, auf denen man selbst
hier in Preußen in den Zeiten, wo man vielleicht nicht mit Unrecht dem
Preußischen Staate vorwerfen konnte, daß in ihm das Centralisationssystem
im höchsten Grade herrschte, doch die Provinzial= und statutarischen Rechte
hat bestehen lassen! Und jetzt, wo mit einer gewissen Emphase, möchte ich
fast sagen, von allen Parteien auf die Fahne geschrieben wird: „Decentrali-
sation! Selbstverwaltung!“ — in diesem Augenblicke wollen Sie diese
Rechtsgebiete hier in die Centralgesetzgebung verweisen? Ein Bedürfniß dazu
ist nach keiner Seite erwiesen, und — ich kann nicht wissen — Sie können
ja noch andere Gründe haben, die uns vorenthalten sind. Es läßt sich
denken, — ich will es nicht behaupten, aber es läßt sich denken — daß dieser
Antrag eine sehr nahe Verwandtschaft hat mit dem Antrage, den wir hier ge-
hört haben, auf Redefreihcit, ich meine insofern eine nahe Verwandtschaft,
als er speziell Preußische Verhältnisse korrigiren will, daß Sie vielleicht Lieb-
lingtideen haben, die Sie in Preußen nicht durchbringen zu können glauben,
weil da noch das Herrenhaus besteht. Ich will ein Beispiel auführen: es
ist ja möglich, Sie schwärmen für eine obligatorische Civilehe und halten
es für zweifelhaft, ob wenn ein anderes Haus in diesen Räumen tagt,
dasselbe darauf eingehen wird. Ich habe nicht den Beruf und die Be-