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waltungszweige, welche zur Kompetenz des Bundes gehören; aber diese An-
träge wurden abgelehnt. Seitdem ist die Frage bei den verschiedensten Ge-
legenheiten wieder angeregt worden. Ich meine, es ist Zeit sie ernstlich und
gründlich und in ihrem ganzen Zusammenhange zu erwägen. Die Bundes-
gewalt umfaßt zwar nicht alle Ziele des Staatszweckes, aber eine Reihe der
wichtigsten Hoheitsrechte übt die Bundesgewalt selbstständig und aus eigenem
Rechte. Nach dem Verfassungsrecht, wie es bereits feststeht, beruht der
Bund nicht mehr auf dem freien Willen der einzelnen ursprünglichen Kon-
trahenten, sondern er bildet ein wirkliches Staatswesen. Die erste Grundlage
jedes Staatswesens ist eine geordnete Regierungsgewalt, und diese gerade ist
bei uns durchaus fragmentarisch geblieben. Ich gebe zu, daß anfänglich die
Zweifel einigermaßen gerechtfertigt sein konnten, ob der Verwaltungsapparat
in der Form cines einzelstaatlichen Ministeriums anzustreben eder ob andere
Auswege zu suchen seien. Ich meinc aber, ein solcher Zweifel ist jetzt nicht
mehr gerechtfertigt. Ich werde auf die Haupteimvendungen cingehen, welche
bei der Berathung der Verfassung gegen die Konstituirung verantwortlicher
Ministerien erhoben wurden. Von einigen Mitgliedern des konstituirenden
Reichstages wurde auf den Bundesrath und seine Ausschüsse hingewiesen,
um daneben die Verantwortlichkeit von Verwaltungschefs für die einzelnen
Zweige für unmäöglich zu erklären. Meines Erachtens war das eine irrige
Auffassung der Bundesverfassung. Es wurde schon damals aus den einzel-
nen Verfassungsartikeln nachgewiesen, und ich kann es nur wiederholen der
Bundesrath ist keine Exekutivbehörde sondern wesentlich ein Faktor der Ge-
setzgebung. Nur in wenigen bestimmten Fällen ist die Exekutire verpflichtet
den Bundesrath und seine Ausschüsse vor ihrer Entscheidung zu hören. In
noch wenigeren einzelnen Fällen ist sie an die Zustimmung des Bundesrathes
gebunden, ich meine in weit geringerem Maaße, als etwa in den Vereinigten
Staaten Amerikas der Präsident an die Zustimmung oder Genehmigung des
Senats gebunden ist. Die Stellung des Bundesrathes, die auf ihn bezüg-
lichen Bestimmungen der Verfassung werden durch die GEinführung von ver-
antwortlichen Ministern neben dem Bundeskanzler in keiner Weise berührt.
Unser Antrag ist nicht dahin gerichtet, fundamentale Verfassungsverhält-
nisse des Bundes zu ändern. Er bezweckt nicht eine Erweiterung der Kom-
petenz des Bundes, er beschränkt sich ausdrücklich auf diejenigen Angelegen-
heiten, welche bereits nach dem bestehenden Verfassungsrechte in den Bereich
der Bundesgewalt gehören. Er will nur Ordnung und Stetigkeit in der
Verwaltung herbeiführen. Von einem Mitgliede des Bundesraths wurde
erinnert, gerade das Völkerrechtliche, Vertragsmäßige in der Bundesverfassung
sei die Brücke nach dem Süden. Meine Herren, damals konnte es fraglich
sein, ob mehr ertensiv die Erweiterung des Bundes oder mehr intensiv seine
innere Konsolidation anzustreben sei. Aber ich meine, auch dieser Zweifel
kann jetzt nicht mehr Platz greifen. Nach Außen sind wir nicht vorwärts
gekommen; es ist auch keine nahe Aussicht dazu vorhanden. Die Hoffnungen,