Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Twesten. 1137 
tionen, um gemeinsame Gerichtshöfe für das ganze Bundesgebiet handelt; 
aber wir wollten uns an das augenblicklich Nothwendige halten und waren 
der Ansicht, daß für den Augenblick ein Justizminister wohl noch zu entbehren 
sei, daß gerade die Sorge für die Gesetzgebung des Bundes auch auf dem 
juristischen Gebiete und die Aufsicht über die Durchführung der Gesetzgebung 
des Bundes das eigentliche Gebiet, der eigentliche Wirkungskreis für das 
Bundeskanzleramt bilde. Vor allen Dingen wichtig und unentbehrlich erschien 
uns aber ein vollberechtigter Bundesfinanzminister. Die Aufrechthaltung 
der Ordnung in der Finanzverwaltung scheint mir auf die Länge völlig un- 
denkbar, wenn nicht auf diesem Gebiete eine selbstständige Verwaltung und 
Kontrole geschaffen wird. Es ist unhaltbar, wenn hier bald durch, bald 
ohne, gelegentlich auch gegen den Preußischen Finanzminister gehandelt werden 
kann. Je umfassender die Verwaltung des Bundes wird, je mehr auf ein 
eigenes Finanzwesen und auf eigene Hilfsmittel für den Bund gedrungen 
wird, um so nothwendiger ist die einheitliche, plamnmäßige Leitung des Finanz- 
wesens durch einen Staatsmann, dessen ganze Kraft dieser Thätigkeit gewid- 
met ist. Ich möchte in der That fragen: wohin wäre wohl die gerühmte 
Finanzordnung des Preußischen Staats lange vor diesen Zeiten gerathen, 
wenn immer der Minister der auswärtigen Angelegenheiten und der Minister 
des Krieges ausschließlich über die Ausgaben des Staats verfügt hätten, 
wenn ihnen nicht ein gleichberechtigter Finanzminister das Gegengewicht ge- 
halten hätte? Der Herr Bundeskanzler meinte bei einer früheren Verhand- 
lung, durch einen Finanzminister des Bundes würden die Finanzminister der 
einzelnen Staaten mediatisirt und zu dessen Unterbeamten gemacht werden. 
Ich kann auch diesen Einwand nicht als richtig anerkennen. Denn soweit die 
Finanzgewalt des Bundes reicht, sind ihr die Regierungen der einzelnen 
Staaten schon jetzt unterworfen und ich meine, in dieser Beziehung kann es 
völlig gleichgiltig sein, ob von dem Bundeskanzleramte oder von einem 
Bundes-Finanzministerium reskribirt wird. Aber im Interesse Aller liegt 
eine stetige, selbstständige Kontrole, ein Schutz gegen übertriebene Anforde- 
rungen und gegen augenblickliche Maßregeln. — Daß die Einführung anderer 
verantwortlicher Verwaltungschefs — die Uebertragung der Verantwortung 
auf solche — neben dem Bundeskanzler nur durch ein, die Verfassung än- 
derndes Gesetz herbeigeführt werden kann, das versteht sich von selbst; und 
da große Organisationen nur von der Regierung ausgehen können, so haben 
wir nicht einen Gesetzentwurf über die Einführung von Bundesministern 
formulirt sondern nur einen Antrag auf die Vorlegung eines solchen Gesetzes. 
Ob und wieweit die Bundesministerien mit einzelnen Preußischen Ministerien 
zu verbinden oder von ihnen getrennt zu halten, das, meine ich, ist eine 
Frage, welche nicht durch die Gesetzgebung zu reguliren sein wird; es wird 
dies mehr eine Personenfrage sein und selbstverständlich werden die Ministerien 
auch den Staatsmännern der übrigen Bundesstaaten außer Preußen offen 
stehen. Nach allen Anzeichen, meine Herren, glaube ich, daß wir darauf
	        
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