Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Blanckenburg. Friesen. 1155 
einanderschlugen. Ich erhub meine Augen und sah einen Adler hoch in den 
Lüften über dem Hofe schweben, umschwirrt von einer Menge Dohlen und 
Krähen, deren Geschrei, deren Gebeiße, deren Gerupfe Jedermann, der so 
etwas einmal gesehen hat, bekannt ist. Meine Herren, der Adler zog ganz 
wmbig seine Straße, unbeirrt um das Geschrei und das Getöse. Und in 
welcher Zeitstunde Deutschlands lebten wir damals? Meine Herren, ich nenne 
nur zwei Namen: Bamberg und Würzburg. — Lassen Sie diesen Deut- 
schen Adler ruhig seine Bahn vollziehen, meine Herren — des Windes parla- 
mentarischer Anträge und Resolutionen braucht er nicht — gebe ihm Gott 
der Herr die Bahn, Schutz und Schirm für Deutschland zu sein und zu 
bleiben! (Bravol) 
Bundesbevollmächtigter Minister Freiherr von Friesen (Sachsen)“): 
Meine Herren! Ich halte es im politischen Leben allemal für einen großen 
Vortheil, wenn eine gegnerische Ansicht so klar und unumwunden ausge- 
sprochen wird, daß man auch nicht im mindesten zweifelhaft darüber sein 
kaun, welche Position man dagegen einzunehmen hat. Ich bin daher dem 
zweiten geehrten Redner, der heute hier gesprochen hat, dankbar dafür, daß 
er uns ganz offen und unumwunden ausgesprochen hat, was eigentlich seine 
Absicht ist. Ich werde mir erlauben mit derselben Offenheit meine ganz 
entschieden entgegengesetzte Ansicht hier auszusprechen. Ich thue das und 
indem ich es thue, erfülle ich eine Pflicht, die mir obliegt, eine heilige 
Pflicht, denn ich habe dem, was durch diesen Antrag aus der Welt geschafft 
werden soll, meinen Aufenthalt in diesem Hause überhaupt zu danken und 
ich werde diese Pflicht in jeder Weise zu erfüllen suchen. Der erste Herr 
Redner, der gesprochen hat, hat dem Antrage nicht diese weit gehende Be- 
deutung beigelegt, hat ihn mehr von einer Seite dargestellt, dic sich auf das 
Geschäftliche bezieht, auf die Herstellung einer strengern Erekutive u. s. w. 
Indessen ich kann alle die Deduktionen, die der erste Herr Redner uns ge- 
geben hat, hier füglich bei Seite lassen, sie scheinen mir durch die Rede des 
zweiten Herrn Redners eigentlich beseitigt zu sein, wir wissen nun, mit was 
wir es hier eigentlich zu thun baben. Ich will daher hier nur einige wenige 
Bemerkungen in Bezug auf die Aeußerung des Abgeordneten Twesten bei- 
fügen. Derselbe hat zunächst gesagt oder wenigstens angedeutet, daß auch 
für die Einzelstaaten in seinem Antrage keine Gefahr läge, es werde im 
Gegentheil die Sicherheit der Einzelstaaten, es werde insbesondere die 
Sicherheit derselben gegen die Eingriffe der Bundesgewalt dadurch 
vergrößert werden, daß künftighin nach seiner Ansicht ein Kollegium 
von Ministern über dergleichen Dinge zu entscheiden habe und nicht ein 
Einzelner. Der Herr Abgeorduete hat Recht, in einzelnen Beziehungen be- 
stehen Unsicherheiten über die Kompetenzgrenzen, und es ist möglich, daß hie 
und da sogar kleine Konflikte eutstehen, die man gerne beseitigen möchte; 
*) St. B. S. 397 r. J. u. 
Matertalten III. 73
	        
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