Friesen. 1157
(Sehr richtig! rechts), ein Partikularismus, von dem ich mich nicht trennen
und dem ich stets huldigen werde. Ich glaube aber, meine Herren, nunmehr auf
eine nähere Beleuchtung dieses Gegenstandes eingehen zu sollen. Ich halte
den Antrag für einen höchst gefährlichen, und zwar deswegen für höchst ge-
fährlich, weil er in eine Grundbedingung unserer Verfassung eingreift, weil
er wiederum einen Paragraphen unserer Verfassung in Zweifel stellen und
abändern und dadurch wiederum Ungewißheiten verbreiten will. Wohin das
am Ende führen will, darüber ist wohl — wenn ich es ganz ehrlich sagen
soll, — keine Ungewißheit mehr vorhanden, sondern wir haben es aus der zweiten
Rede unzweifelhaft gehört, wohin es führen soll. Ich halte es für höchst
wünschenswerth, daß in Deutschland — und darin befinde ich mich im prin-
zipiellen Gegensatz gegen die bisherigen Redner — einmal eine Zeit lang
ein Gefühl der Sicherheit eintritt, nicht bloß ein Gefühl der Sicherheit nach
Außen sondern ein Gefühl der Sicherheit nach Innen. Wir haben inner-
halb des Bundes noch sehr viel zu thun (Sehr richtig! rechts), der Bund
hat sehr viel zu thun, auf der ihm bereits gegebenen und bestehenden Basis
seine Institutionen auszubilden, und die Einzelstaaten haben noch sehr viel
zu thun, ihre Institutionen dem Allgemeinen anzupassen und sich zu lebendi-
gen und selbstthätigen Mitgliedern des Ganzen heranzubilden. (Zustimmung
rechts.) Meine Herren, durch ein ewiges Rütteln an den Fundamenten der
Verfassung, durch ein ewiges Infragestellen aller der Grundsätze, auf denen
die Verfassung beruht, befördern Sie diese Entwickelung nicht; dadurch werden
Sie im Gegentheil immer mehr und mehr Unruhe, immer mehr und mehr
Mißverständnisse, immer mehr und mehr Mißtrauen erregen — von den
Wirkungen nach Außen hin will ich gar nicht sprechen. — Aber das kann ich
offcn aussprechen: — es ist ja eine bekannte Thatsache — der Bund, die
Einigung des nördlichen Deutschlands im Bunde hat seine prinzipiellen
Gegner. Mit ihnen wird überhaupt nicht viel zu verhandeln sein. Ich glaube
nicht, daß wir sie zu unsern Freunden machen, wenn wir auch Bundes-
minister ernennen. Aber wir haben außerdem noch eine große Masse, die
nach Tausenden zählt und zwar gebildete Männer, — ich rede nicht von den
Ungebildeten — gebildete, intelligente Männer, die sich noch mit einem ge-
wissen Mißtrauen, mit einer gewissen Unbehaglichkeit innerhalb des neuge-
schaffenen Bundes erhalten. Es sind wohl, so viel ich beurtheilen kann, in
allen Staaten Männer vorhanden, die noch mißtrauisch sind, weil sie nicht
recht wissen, was schließlich das Ende sein soll; ich mache auch in dieser
Beziehung keinen Unterschied zwischen Preußen und den andern Staaten, denn
wenn gleich die großen und umfänglichen Präsidialbefugnisse verfassungsmäßig
mit der Krone Preußen verbunden sind, so ist doch der Staat Preußen als
eine politische und staatsrechtliche Individualität noch ein neben dem Bunde
beftehendes Ganzes, was nach seinen eigenen Gesetzen, was nach seiner eige-
nen Verfassung besteht und regiert wird. Und auch für diesen großen Staat
kann es nicht gleichgiltig sein, wenn die Verfassung des Bundes, die immer
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