1186 1869. Art. 17. Verantwortliche Bundeeministerien.
möchte meinen, daß die Herren Abgeordneten, die aus der Mitte der Be-
völkerung kommen, mir bestätigen werden, daß das oder jenes, was der Bund
gethan hat, auch bei denen, die ganz gut Deutsch gesinnt sind, einen vollen
Anklang noch nicht gefunden hat. Kurz wir bedürfen dazu auch einer
Zeit. Und, meine Herren, ich lege auf diese Entwickelung von unten — ich
habe mir damals, als ich die Ehre hatte Mitglied des Hohen Hauses zu
sein, das auch zu sagen erlaubt — ich lege ein viel größeres Gewicht darauf,
daß diese Thätigkeit in der Bevölkerung entwickelt wird, als daß wir Or-
gane schaffen, die bei der tüchtigen Bestrebung der Bundesregierung ja ent-
behrlich sein werden und ohne eine solche wahrscheinlicherweise Nachtheile
schaffen würden. Ich wiederhole, meine Herren, die Thätigkeit der Bundes-
gesetzgebung muß erst noch in ihren Folgen in die unteren Schichten der
Bevölkerung kommen, um als das Band zu gelten, was wir vor allen Din-
gen brauchen. Die Deutsche Geschichte hat eine Reihe von Jahrhunderten
hindurch falsche Wege gemacht; wir sind im Stande, ihr einen richtigen
Weg zu geben. Das Jahr 1866 hat dies gethan, aber nimmermehr sind
wir im Stande in zwei bis drei Jahren sie an das Ziel zu führen, und
aus diesem Grunde glaube ich, man soll das Vorschreiten auf dem Wege des
Antrags mit äußerster Vorsicht erst dann eintreten lassen, wenn überhaupt
der Zeitpunkt da ist, daß das gesammte Volk dafür auch die rechte Empfäng=
lichkeit hat. Meine Herren, es ist erwähnt worden, daß die Deutschen Klein-
staaten — ich rechne hierzu besonders die Staaten, die auf dieser Seite des
Hauses (links) vertreten sind — daß diese durchaus kein Interesse hätten,
dem Antrage entgegen zu sein. Meine Herren, wenn diese Staaten lediglich
ihr individuelles Interesse im Auge behalten wollten, so möchte das vielleicht
wahr sein: die Aufgabe der Kleinstaaten ist nach einer Richtung hin jetzt
und von jeher gewesen mit dem Bundesministerium in keine Kollision zu
kommen. Daß die kleinen Staaten also nach dieser Seite hin Zustimmung
geben könnten, würde ja denkbar sein, aber, wie der Herr Staatsminister
Freiherr von Friesen bereits erwähnt hat, es wird tief einwirken auf größere
und wie ich mich nicht enthalten kann auszusprechen, es wird sehr tief ein-
gehende Einwirkungen auf Preußen haben und möglicherweise die Rückwir-
kungen herbeiführen, die wir einem Großstaat wie Preußen, mit einer solchen
Geschichte wie Preußen gegenüber, auf das Aeußerste vermeiden müssen, so
lange wir nicht wissen, daß das Deutsche Element auch in dieser Beziehung
empfänglich in Preußen geworden ist. Ich erlaube mir noch eine Aeußerung
auf die Bemerkungen des Herrn Abgeordneten Grafen zu Münster. Wenn
dieser sagte, es möchte vielleicht im Jahre 1866 so gehen, wie es im Jahre
1815 mit der Bundesverfassung gegangen ist: meine Herren, diese Besorg-
niß scheint mir nach verschiedenen Seiten vollkommen ungerechtfertigt. Vor
allen Dingen ist die Bundesverfassung von 18977 ein ganz anderes Werk als die
Bundeeverfassung, die im Jahre 1515 gegeben wurde. Aber, was ich dem
Herrn Grafen zu beachten gebe und Jedem, der einen hohen Werth auf die