Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Lasker. 1189 
handen, — und ich bin geneigt es anzunehmen, denn die Verhandlungen im 
Preußischen Landtage haben zahlreiche Belege dafür gegeben, — so ist der Fehler 
dort zu heilen und ist für den Fall, wenn die Justitution eines verantwort- 
lichen Ministeriums im Bunde eingeführt wird, darauf Bedacht zu nehmen, 
daß nicht derselbe Fehler sich einschleiche. Wenn der Herr Bundeskanzler ge- 
fragt hat, in welcher Weise denn die Herren Antragsteller ungefähr sich die 
Ausführung ihres Antrages gedacht haben, so darf ich für meine Person 
sagen als Einer, der den Antrag unterstützt hat, daß ich mir ein Bundes- 
ministerium nur in der Weise zu denken weiß, wie es ungefähr in England 
ist. Der Eine leitende Minister ist die Seele des Ministeriums und er hat 
darauf zu achten, daß Jeder aus dem Ministerium scheide, der mit seiner 
leitenden Politik sich nicht in Einklang zu setzen weiß. (Bravo links, Heiter- 
keit rechts.) Das ist die Stellung zu welcher konstitutionell ausgebildete 
Staaten kommen und kommen müssen. In England ist es öffentliches Recht, 
daß der Premierminister die einzelnen Portefeuilles vergiebt und er hat es in 
Händen, die Entlassung von einzelnen Ministern zu fordern und anzunehmen. 
Wenn dieses aber in Preußen nicht der Brauch ist, liegt hierin der Fehler 
und es wird nothwendig sein, daß unsere staatsrechtliche Entwickelung jenen 
anderen Weg nimmt, damit nicht eben ein sehr ehrenwerther, charakterfester 
aber harter Kopf dem ganzen Ministerium im Wege stehen könne und den 
Gedanken des leitenden Ministers vereitele. Meine Herren, dieses ist die 
Absicht des Antrages, soweit ich die Meinung der übrigen Antragsteller 
kenne. Sehen Sie sich doch den Wortlaut des Antrages genauer an: wo ist 
in demselben angedeutet, daß wir irgendwie neben den Bundeskanzler Männer 
stellen wollten, die im Stande sind seine Bundespolitik zu durchkreuzen? 
Wir haben in dem Antrage zunächst nur von Fachministern gesprochen; diese 
sollen nicht als Hindernisse dem Bundeskanzler sich in den Weg werfen können, 
sondern die Lasten ihm abnehmen, welche ihm nicht gebühren, damit er mit 
den größeren Gedanken der Staatspolitik sich ausschließlich beschäftige und 
nur nebenher kontrolire, ob die Staatsgeschäfte gehörig geführt werden, ob 
nicht durch Mißgriffe der Einzelnen Mißtrauen erregt werde, ob nicht durch 
Mißgriffe der Einzelnen die gesammte Staatsleitung Schaden leide. Ein 
Mann, der in den gegenwärtigen Zuständen die bedeutende Aufgabe zu er- 
füllen hat, welche der Herr Bundeskanzler von sich selbst aussagt, der dafür 
sorgen muß — wenigstens dafür zu sorgen wünscht, wie ich bezeugen kann, — daß 
die Reformen im Staate Preußen nicht gänzlich verhindert werden, der ge- 
wissermaßen die Parole auszugeben hat, nach welcher Seite vorgeschritten 
werden soll, und der nach manchen Beziehungen es ja schon mit Glück gethan, 
indem er einen solchen Minister sich hat beigesellen lassen, der thatsächlich 
seinem Willen sich unterordnet, — ein solcher Mann, der überdies die auswär- 
tigen Angelegenheiten unter so schwierigen Verhältnissen leitet und mit den 
kleineren Staaten, unseren Bundesgenossen, innerhalb und außerhalb des 
Bundesrathes verhandelt, — ein solcher Mann kann nun und nimmermeohr die 
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