Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1194 1869. Art. 17. Verantwortliche Bundesministerien. 
Bundeskanzler Graf von Bismarck“): Ich frcue mich, daß dre Schluß 
vorher nicht angenommen wurde und dem Herrn Vorredner noch das Wort 
gestattet worden ist, indem ich aus seiner Rede wiederum habe ersehen können, 
daß man sehr hänufig in seinen Meinungen sich viel näher steht, als man 
vor der Diekussion geglaubt hat. Wenigstens in dem einen Punkte, gegen 
den ich von meiner Stellung als Bundeskanzler aus Widerspruch eingelegt 
habe, ist mir die Tendenz des Antraget durch die Aeußerung des Vorredners 
vicl näher gerückt. Er erschien mir von diesem Gesichtspunkte, wenn er sich 
darauf allein beschränkt hätte, annehmbarer als vorher, wenn er mirauch nach seiner 
Tendenz gegen den Bundesrath sowohl nach meinem Rechsgefühl als auch nach 
meiner Ansicht von der Zweckmäßigkeit jederzeit unannehmbar bleiben wird. Wenn 
ich vorher gesagt habe, ich halte ein Ministerium mit einheitlicher Spitze für zweck-ü 
mäßiger in allen Staatseinrichtungen wie ein Ministerium mit kollegialischer 
Spitze, wo man nicht weiß, wer überstimmt oder gehemmt worden ist, so 
babe ich damit ja nicht weiter gehen wollen, als der Herr Abgeordnete nach 
dem Beispiel der englischen Einrichtungen gehen will, aus welchem ich schließen 
darf, daß wir im Grunde ganz einer Meinung über die einheitliche Spitze 
sind. Wir sind vielleicht über viele Dinge cinverstanden, ohne daß wir es 
für den Augenblick wissen. (Heiterkeit auf allen Seiten.) Ich würde die 
englische Stellung eines Ministerpräsidenten überall für auereichend halten, 
um die nöthige Einheit der Leitung herzustellen. Davon sind wir aber nach 
unserer Verfassung und nach unseren Gchräuchen weit entfernt. Aenderungen 
in der Scenerie erfordern einen Aufwand von Kraft und Reibung, den ge- 
wöhnlich Niemand Zeit hat zu leisten. Aber im Bundeskanzler = Amte sind 
die Einrichtungen gerade so wie sie der Herr Vorredner zu erhalten wünscht; 
es fehlen bloß einige Ministertitel, und damit würde ich gar nicht so sehr 
ängstlich sein, (Heiterkeit auf allen Seiten) sobald nur die einheitliche Leistung 
durch die Ansprüche, die sich an diese Titel knüpfen, nicht zersplittert wird! 
(Erneute Heiterkeit.) 
Der wiederholte Antrag auf Schluß der Diskussion drang nunmehr 
durch'-). 
Twesten als Antragsteller'““): Ich habe nur eine persönliche Bemer- 
lung zu machen. Aus einer nicht ganz richtigen Wiederholung meiner Worte 
durch Herrn von Blanckenburg hat der Herr Vertreter des Königreichs 
Sachsen im Bundesrath gefolgert, ich hätte alle Diejenigen, welche gegen 
unseren Antrag stimmen würden, als Gegner des Bundes bezeichnen wollen. 
Ich habe ganz ausdrücklich gesagt, nicht bloß aus Rücksichten der Zeit, son- 
dern auch aus Rücksichten abweichender Meinumgen über die Art der Regelung 
der Regierungsgewalt würde ein Einspruch gegen unseren Antrag erhoben 
) St. B. S. 411 r. o. 
*) St. B. S. 411 r. g. u. 
ESt. B. S. 411 r. u.
	        
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