Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Hennig. 1227 
folgen können, nämlich die Insinnation hätte nicht ausgesprochen werden 
können, daß dicejenigen Herren, welche den Antrag gestellt haben, die Absicht 
hätten für sich Diäten zu gewinnen, weil sie es eben nicht ausbalten könnten 
ohne Diäten. Meine Herren, ich glaube, man sollte sich doch gegenseitig 
mit derartigen Dingen verschonen, (sehr richtig!) nämlich diejenigen Herren, 
welche den Anspruch erheben, daß diese Versammlung die erste in Deutsch- 
land, sollten auch dafür sorgen, daß in diesen Versammlungen ein äbnlicher 
Ton nicht aufkomme. Meine Herren, was würden Sie dazu sagen, wenn 
ich Ihnen erwiederte — ich will das nur als ein Beispiel anführen, wohin es 
führen kann, wenn man sich gegenseitig in einer derartigen Weise angreift — 
was würden Sie dazu sagen, wenn ich jetzt antwortete: ja, meine Herren, 
sehen Sie doch, worin liegt es denn, daß wir nicht beschlußfähig sind? Herr 
von Blanckenburg bat gesagt, die Sitzungen der Territorial-Landtage oder 
Provinzial-Landtage wären daran schuld und da hätten die Herren hingehen 
müssen. Also, meine Herren, dort hätten sie hingehen müssen, dorthin, 
wo sie Diäten bekommen, die sie hier nicht haben? In Wirklichkeit ist es 
aber für die Provinzial-Landtage gar nicht nöthig, da Sie dort die Einbe- 
rufung Ihrer Stellvertreter beantragen können, wenigstens in Preußen. (Sehr 
wahr, Unruhe.) Ich bin keineswegs der Ansicht, daß dem so sei, sondern ich 
bin für meine Person überzeugt, daß die Herren aus guten Gründen es für 
nothwendig gehalten haben dort zu sein, wo sie hingegangen sind. Aber, 
meine Herren, vergegenwärtigen Sie sich doch folgende weitere Thatsachen: 
das Preußische Abgeordnetenhaus hat Diäten, es gehört zur Beschlußfähigkeit 
die Anwesenheit der Hälfte seiner Mitglieder, das Preußische Abgeordneten- 
haus ist immer beschlußfähig gewesen, obgleich die Berathungen Monate lang 
gedauert haben. Das Herrenhaus hat keine Düäten, seine beschlußfähige 
Anzahl beträgt knapp ein Drittel und dieses knappe Drittel kann kaum zu- 
sammengebracht werden. (Hört, hört! links.) Das Jtalienische Parlament 
hat keine Diäten; die beschlußfähige Anzahl zu Stande zu bringen hält 
außerordentlich schwer; das Englische Parlament hat keine Diäten, die be- 
schlußfähige Anzahl ist auf den neunten Theil der Versammlung herabge- 
bracht, — (Zurufe: den funfzehnten!) also noch eine kleinere Zahl. Meine 
Herren! Das ist das Thatsächliche und Sie sind vollständig außer Stande 
gegen diese Thatsachen irgend etwas anzuführen. Ueberall, meine Herren, 
wo keine Diäten sind, ist man gezwungen die beschlußfähige Anzahl herunter 
zu setzen. Und ich bin meinerseits überzeugt, daß das ein falsches Prinzip ist; 
denn wenn so Wenige beschlußfähig sind, warum werden so Viele gewählt? 
(Hört! links.) Meine Herren, ich habe aus den Reiben der Partei, welche 
heute den Antrag so lebhaft bekämpft, bereite gehört, daß man sehr daran 
denkt die Beschlußfähigkeit des Reichstages herabzusetzen. (Hört, hört! links.) 
Gerade die Herren, welche heute davon sprechen, daß der erste Angriff auf 
die Verfassung gemacht, d. h. eine Verfassungs-Aenderung vorgeschlagen wird, 
gerade die Heren sind es gewesen, die von der Verfassungs-Aenderung ge-
	        
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