Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1228 1368. Art. 22. Diläten. 
sprochen haben, die nothwendig wäre, um die Beschlußfähigkeit zu Stande 
zu bringen. (Hoͤrt! links.) Meine Herren, aber dieses sind alles nicht meine 
eigentlichen Gründe; ich habe nur Einen Grund dafür und will auch gleich 
sagen, daß er kein neuer ist, es ist vielmehr ein alter. Neue Gründe sind 
überhaupt nicht beizubringen, und der geehrte Herr Redner, der zuletzt vor 
mir hier gesprechen, hat wirklich nur aufgewärmte Gründe vorgebracht, 
(Heiterkeit) die Versicherung kann ich ihm geben. Meine Herren, mein 
Grund ist einfach der, daß der Staat verpflichtet ist, Denjenigen, die in öffent- 
lichen Dingen für ihn thätig sind, eine Eutschädigung für ihre Auslagen zu 
gewähren. CEs ist eine vollkommene Verwechselung, wenn der Abgeordnete 
Wagener Commune und Staat hier zusammengeworfen hat, (Sehr wahr! im 
Centrum) die Kommune bedarf der unentgeltlichen Ehrenämter, und unsere 
Partei ist nicht daran Schuld, daß das Kommunalwesen in Preußen nicht 
in einem bessem Stande ist. (Sehr wahr! links.) Seit dem Jahre 1852 
habe ich die Ehre Mitglied des Preußischen Abgeorductenhauses zu sein, wir 
haben jahrelang versucht das Prcußische Kommunalwesen in bessere Wege zu 
führen, aber Herr Wagener und seine Parteigenossen sind es gewesen, die 
uns daran gehindert haben: (Lebhaftes Bravo! links und im Centrum) und 
woher kommt er denn heute zu der Befugniß sich als den Vertreter einer 
Verbesserung des Prenßischen Kommunalwesens hinzustellen? Meine Herren, 
dazu fehlt ihm jede Legitimation. (Wiederholter Beifall.) Der Grund, den 
er angeführt hat, die Wähler müßten auch Tagelohn bekommen, ist erstens 
ein aufgewärmter Grund und ein alter Witz; ob er gut ist, überlasse ich 
dem Geschmack eines Jeden, — (Große Heiterkeit) aber er beruht auf einer 
vollständigen Verkennung der Verhältnisse. Der Wähler handelt in seinem 
eigenen Interesse, der will seinen Vertreter wählen, der will seine Ueber- 
zeugung, seine Ansichten in der Staatsverwaltung zur Geltung bringen, der 
wählt deshalb einen Abgeordneten in seinem Interesse, nach seiner Ueber- 
zeugung, nach seiner Richtung. Der Abgeordncte aber, der handelt hier im 
Dienste seiner Wähler und im Dienste des Staates; er wendet ihm seine 
Thätigkeit, seine Arbeit zu; der Staat hat die Verpflichtung ihn für die 
Kosten, welche ihm dadurch entstehen, zu entschädigen. Meine Herren, Sie 
werden gegen diesen vollkommen wahren und richtigen Grundsatz niemals 
aufkommen können, ob wir heute den Gesetzes-Vorschlag durchbringen oder 
nicht. Ich lege kein großes Gewicht darauf, ich lege um so weniger Gewicht 
darauf, als gerade die Bestimmung fehlt, die ich bereits als eine sehr wesent- 
liche enwähnt habe. Aber, meine Herren, ich glaube auf die Dauer wird 
es nicht möglich sein die Diätenlosigkeit festzuhalten. Auch Ihnen wird sich 
diese Ueberzeugung aufdrängen, davon bin ich fest überzeugt. Meine Herren, 
ich will nur noch mit Einem Worte schließen: ob der Herr Abgeordnete 
Wagener die geeignete Person war, um Herrn Waldeck vorzuwerfen, daß er 
von seiner eigenen Partei verlassen sei, — das stelle ich Ihrer Beurtheilung 
auheim. (Große Heiterkeit.)
	        
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