1238 18368. Art. 32. Diäten.
es jetzt nicht thun, so wird man künftig sagen, sie votiren sich selbst die
Diäten. An solchen trivialen Vorwürfen kann es nicht fehlen, und wer im
politischen Leben bewandert ist, kümmert sich darum ganz und gar nicht.
Es sei nur noch das bemerkt, da ich zufällig auch ein Abgeordneter bin, der
in Berlin wohnt, daß das gerade ein Punkt ist, der auch hervorgehoben
wurde; die Diätenlosigkeit hat schon jetzt zur Folge, daß auf beiden Seiten
des Hauses vorzugsweise viele Mitglieder gewählt werden, die in Berlin
wohnen, ich glaube es war der Abgeordnete Hering, der damals hervorbob,
es werde dies künftig noch mehr eintreten, wie es auch jetzt schon ist. Es
ist Ihnen bekannt, meine Herren, daß ich zu diesem Reichstage fünfmal ge-
wählt bin, ohne daß ich es ein einziges Mal gesucht habe; die Hauptursache
war doch nicht die, daß es in der Provinz an Personen fehlt, die dieselbe
Richtung vertreten wie ich (das zeigt ja die Wahl zum Abgeordnetenhause),,
sondern die, daß es an Personen fehlt, die in dieser Situation und in der
jetzigen Stellung ein Mandat zu übernehmen Lust hatten, weshalb man
sich leicht an Personen wendet, die in Berlin wohnen. Halten Sie das für
einen Vorzug? Dann ist wiederum alles Das nicht wahr, was die Herren
Wedemeyer und im Grunde auch Wagener von der Vertretung des Kreises,
der Provinz und dann erst des Bundesstaates gesagt haben, denn die in
Berlin wohnenden Abgeordneten können doch wirklich nichts Anderes vertreten,
als den Staat. Ich für meine Person halte es für viel besser, wenn aus
der Provinz gewählt wird, und das ist auch ein Grund, der gegen die
Diätenlosigkeit spricht, gerade um nicht den Zustand auszudehnen, der jetzt
schon mehr als es der Fall sein sollte eingetreten ist. Meine Herren, die
Sache ist nun freilich ganz in Ihren Händen, ich glaube aber, sie wird
mögen Sie nun entscheiden wie Sie wollen nicht das letzte Mal in Ihren
Händen sein, und ich bin überzeugt, daß wenn die heutige Majorität noch
mit der von der früheren Schlußberathung dieselbe sein möchte, doch in einem
künftigen Falle dieses Kardinalprinzip zur Geltung kommen muß und daß
vielleicht dann auch endlich unter günstigen Umständen die Zeit kommt, wo
auch der Bundesrath sich nicht wird weigern können ein Prinzip anzuerkennen,
dessen Nothwendigkeit mir keinem Zweifel unterliegt. (Bravo links.)
Bundeskanzler Graf von Bismarch:’') Der Herr Abgeordncte hat Be-
zug genommen auf eine Aeußerung von mir, nach welcher die Regierungen
oder die Souveräne der Süddeutschen Staaten dem Anschlusse an den Nord-
deutschen Bund widerstrebten; er hat dies in einer Weise gethan, als hätte
ich damit zugegeben, daß die Süddeutschen Bevölkerungen geneigt wären,
sich dem Norddeutschen Bunde anzuschließen. Er selbst hat daraus die
Folgerung gezogen, daß diese Geneigtheit erheblich wachsen würde, wenn wir
nur etwas liberaler würden. Ich muß mich gegen die Vermuthung decken,
*) St. B. S. 59 r. g. m.