Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1250 1869. Art. 32. Diäten. 
gen, welche z. B. Justizverfassung, das Unterrichtswesen betreffen, welche die 
wichtigste Organisation des Staates, das Gemeindewesen behandeln, in einer 
Versammlung berathen und festgesetzt, bei der auch noch nicht im mindesten 
sjemals in Frage gewesen ist, ihr die Diäten zu entziehen; diese Frage ist 
in der That noch gar nicht im Preußischen Abgeordnetenhause angeregt 
worden. Es ist schon bei der ersten Berathung — und ich kann in dieser 
Beziehung eine Art von Schreibfehler in meinen Motiven einigermaßen be- 
richtigen, ich habe allerdings a potiori gesprochen — von dem Herrn Ab- 
geordneten Twesten bemerkt worden, daß es solcher Ausnahmestaaten in 
Deutschland überhaupt nur drei giebt: den einen haben wir wieder vertreten 
hören durch den Herrn Abgeordneken Grafen von Bassewitz, das ist der 
Staat Mecklenburg; der andere ist, glaube ich Anhalt, und der dritte viel- 
leicht Reuß oder einer dergleichen kleineren Staaten. Von dilsen hat viel- 
leicht Mecklenburg auf den Namen Staat einigen Anspruch, er hat aber 
auch darauf durchaus Anspruch, daß er als ein in Deutschland bestehender 
Ausnahmezustand angesehen wird; denn da seine ganze Verfassung — und 
ich sage das keineswegs hier, um irgend einen Tadel auszusprechen, sondern 
nur um das Faktum anzuführen, — auf dem Prinzip der Feudalität beruht, 
welches fast überall sonst in Deutschland beseitigt ist, so konnen die Grund- 
satze, welche Mecklenburg bewegen in einem solchen feudalen und Gutsbe- 
sitzer-Landtage keine Diäten zu haben, uns nicht zu ehwas Aehnlichem be- 
wegen. Sein ganzes Budgetrecht, seine ganze Einrichtung ist eine vollkommen 
antediluvianische (Heiterkeit) gegenüber denjenigen Grundlagen, auf welchen 
die übrigen Verfassungen in Europa und jetzt auch in Deutschland beruhen. 
Mägen diejenigen Herren, welche davon den Vortheil genießen, in der Kon- 
servirung dieses Vortheils sich gefallen! mögen sie es zweckmäßig für ihre 
eigenen Interessen finden, meinetwegen auch für das Behagen des Landes! 
das ist alles völlig ihre Sache, wir haben da nichts zu sagen. Aber das 
kaun ich dem Herrn Abgeordneten Grafen von Bassewitz unmöglich zugeben, 
daß daraus nun irgendwie eine Analogie auf den Norddeutschen Bund zu 
ziehen sei, daß wir deshalb, weil nun z. B. der Großherzog von Mecklen- 
burg — vielleicht gar nicht in seinem Sinne, sondern im Sinne der Ver- 
fassung des Landes, welches er repräsentirt, — in dieser Art seine Stimme 
abgiebt, daß wir deshalb eine Uniformität in Deutschland à la Mecklenburg 
herbeifuhren sollten! Das ist gewiß nicht der Fall, sondern die Uniformität 
in jedem Lande muß auf den Grundlagen beruhen, auf welchen die allge- 
meinen Verhältnisse beruhen. Aus diesem Grundsatze, meine Herren, werden 
Sie nicht herauskommen und wenn Sie dem Reichstag, wie es ja Vielc 
von uns, denen ich von ganzem Herzen beistimme, wollen, eine ausgedehntere, 
weitere Wirkfamkeit geben wollen, wenn Sie, was dazu nothwendig ist, eine 
Janz andere Vertretung der Centralgewalt beabsichtigen, als sie jetzt ist, dann 
müssen Sie den Reichstag mindestens auf dieselbe Höhe stellen wie irgend 
eine Partikulawertretung. Diesenigen aber von Ihnen, die auf diesem
	        
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