Waldeck. 1251
Standpunkte nicht stehen, die die jetzigen Zustände konserviren wollen, denen
es, vielleicht in Konsequenz einer solchen Konservirung, die ich nicht quali-
siziren will — konservativ kann ich sie kaum nennen, denn der ganze Reichs-
tag, wie er wirklich eristirt, ist das Gegentheil alles Konservativen, die ganze
Bundesverfassung mit allem, was daran hängt, ist absolut das Produkt einer
vollständigen Revolution, die von oben herab allerdings ausgegangen ist, das
ist gar keine Frage — aber ich will eimmal annehmen, Sie wollen das kon-
serviren in dem Sinne, wie neulich aus den Aeußerungen des Herrn Bundes-
kanzlers in den letzten Sitzungen uns hier vorgeführt worden ist: es solle
Alles so bleiben, wie es ist, — dasjenige, was man für unfertig gehalten hat,
was man nur für ein Nothdach ausgab, weil man erst in die Verfassung
hinein müsse und dann sich erst wohnlich einrichten könne, wenn man darin
wohne. Dieses Nothdach soll, wie es im Eingange unserer Verfassung steht,
für die Ewigkeit gegründet sein. Nehmen Sie aber ] diesen Standpunkt
ein, meine Herren, so müssen Sie sagen, Sie theilen dann wenigstens in
dem großen Staate — und ich nehme hier den größten Staat, der den
Bundespräsidentem nach der Norddeutschen Bundesverfassung abgiebt, ich
nehme Preußen zunächst an — Sie theilen die Interessen des Volkes, die
ganz dieselben sind: Gesetzgebung, Besteuerung für die allgemeinen Angelegen-
heiten, und bringen in wesentlich gleichartigen Dingen ein voerschiedenes
Prinzip hervor. Das kann nimmermehr gute Folgen haben. Es muß die
praktischen Folgen haben, die schon von mehreren Rednern hervorgehoben
sind, — es muß die praktischen Folgen haben, daß in dem doch gewiß nicht
unwichtigen Theile — ich will weiter nichts sagen, denn es ist in mancher
Beziehung der wichtigere — daß in diesem Theile die Vertretung unvoll-
kommener werde als in den andern. Und, meine Herren, sie ist ohnehin
schon in mancher Beziehung unvollkommen. Ein Deputirter vertritt hier
100,000 Seelen, in Preußen etwa 60,000—70,000. Das ist ein sehr er-
heblicher Unterschied, der auf die Wirksamkeit einer Versammlung einen be-
deutenden Einfluß hat. Wenn Sie dazu noch hinzufügen, daß Sie durch
die Einrichtung der Diätenlosigkeit nothwendig herbeiführen, daß die Abge-
ordnetenzahl geringer als in anderen dergleichen Versammlungen ist — und
es ist dem Einzelnen in der That nicht übel zu nehmen, der nicht in der
Lage ist so große Opfer zu bringen — dann müssen Sie mir doch die
Gründe angeben, warum Sie von einem Zustande, der in Deutschland immer
herrschend gewesen ist, nun mit einem Male haben abweichen wollen. Alle
jene Gründe, die damals bei der Konstituirung geltend gemacht worden sind
von einzelnen Bundesfürsten, sind für mich nicht von dem geringsten Gewichte
mehr, und gegenwärtig sind sie konstituirt und Sie können nunmehr sagen,
wie es eigentlich am besten ist. Ich will gar nicht widerlegen, was früher
gesagt ist. Alle die Exemplifikationen auf England sind ja so oft gemacht
aber eben so oft auch widerlegt worden, daß es nicht nothwendig ist, davon
noch zu sprechen. Ich will aber doch sagen: nach den Forschungen aller
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