1258 1871. Art. 53.
Anfangsworte, welche früher hießen „die Bundeskriegsmarine", jetzt „die
Kriegsmarine des Reichs“. Wenn nun plötzlich eine andere Benennung
eintritt, so wird man später fragen: was ist der Grund zu dieser formellen
Veränderung gewesen? und man wird zu einer Interpretation gelangen,
welche wir nicht haben machen wollen. Meine Herren, mein Antrag ist rein
redaktioneller Natur und soll nichts weiter sein. Für mich ist nur eine
Alternative da: entweder haben beide Worte denselben Sinn — dann sieht
man nicht ein, warum man nicht diejenige Fassung wählen soll, welche sich
am engsten an die frühere Fassung anschließt, oder die beiden Worte,
die „kaiserliche Marine" und „Reichsmarine“ haben einen verschiedenen
Sinn, — dann, meine Herren, ist es eine materielle Veränderung, deren Be-
rathung hier nicht zur Frage steht. Ich ersuche Sie daher mein Amende-
ment anzunehmen.
Berollmächtigter zum Bundcsrath Minister von Kuh (Baiern)°:
Seine Durchlaucht der Herr Reichskanzler hat mich beauftragt für den Fall
des Bedürfnisses dem Hause zu eröffnen, daß er verhindert sei an der heu-
tigen Sitzung Theil zu nehmen und die von diesem Tische aus nothwendi-
gen Erklärungen abzugeben. In diesem Augenblick halte ich mich für ver-
pflichtet dem Herrn Vorredner Folgendes zu bemerken. Eine sachliche Aen-
derung war mit der Wahl des Wortes „Kaiserliche Marine“ von Seiten
der verbündeten Regierungen nicht beabsichtigt. Wenn gleichwohl an Stelle
des früheren Ausdrucks nicht der Ausdruck „Reichsmarine“ gewählt ist, son-
dern eine Fassung beliebt wurde, welche mehr persönliche Beziehungen zum
Reichsoberhaupt andeutet, so hat dies seinen Grund in den scemännischen
Traditionen, welche ich des Näheren auseinanderzusetzen wohl nicht genügende
Veranlassung habe. Diese Traditionen, meine Herren, dürften den Vor-
schlag des Bundesraths auch in Ihren Augen als gerechtfertigt erscheinen
lassen.
Duncher (Berlin V.)““): Ich meine doch, gegenüber der Erklärung
vom Bundesraths-Tische aus sollten wir uns an unsere Sprachweise halten
und uns nicht an die Vorbilder einer fremden Nation anlehnen. Es wird
uns ja vielfach zugerufen, wir sollten national sein, und der Herr Abgcord-
nete Reichensperger verlangt sogar, wenn er noch nicht da ist, einen eigenen
deutschen Baustyl zu erfinden. (Ruf: Er ist schon dal) Ich glaube daher,
daß wir uns wenigstens sprachlich korrekt in dem uns schon geläufigen Stile
ausdrücken sollten. Nun beruft sich der Vertreter des Bundeskanzlers in
diesem Augenblick auf den gewissermaßen seemännischen Sprachgebrauch. Ja,
meine Herren, das kann eben nur der englische sein, den man aus der engli-
*) St. B. S. 157 r. u.
% St. B. S. 158.1 g. o.