Historische Einleitung. 119
Mittheilung und der Oeffentlichkeit; nur sorviel darf ich noch beifügen, daß
die Bewegung, welche durch die Presse ging, von der auch wir aus mehr-
sachen Mittheilungen zu Versailles Kenntniß bekamen und deren Inhalt
dahin ging, daß mit uns nichts zu erzielen sei und der Abbruch der Ver-
handlungen mit uns bevorstehe, auch uns in hohem Grade überrascht hat.
Bir wußten von einem solchen Stande der Dinge nichts. Nachdem mit
den übrigen Staaten die Verträge theils abgeschlossen, theils dem Abschlusse
nahe gebracht waren, sind auch mit uns die Verhandlungen rasch zu Ende
Geführt worden.
Endlich gab in gleicher Weise der würtembergische Minister von
Mittnacht in der 4. Sitzung des württembergischen Landtags vom 22. De-
zember 1870 den nachfolgenden Aufschluß):
„Der Präsident des Norddeutschen Bundeskanzleramts hat in der
6. Sitzung des norddeutschen Reichstags vom 5. d. M. die Generaldebatte
über die Verfassungsverträge mit Baden, Hessen, Würtemberg und Baiern
eingeleitet mit einer Rede, in welcher er auch über den äußeren Hergang
sich ausgesprochen hat, aus welchem die fraglichen Verträge sich entwickelt
haben. Erlauben Sie mir diesem Vorgang zu folgen. Die Würtember-
gische Regierung hat, nach erlangter Ueberzeugung von der Nothwendigkeit
einer Neugestaltung der deutschen Verhältnisse im Sinne bundesstaatlicher
Einigung, in eingehender Berathung in den Tagen vom 7.—10. Sextember
d. J. unter Durchgehung und Prüfung der einzelnen Artikel der norddeutschen
Bumdesrerfassung bestimmte Ansichten sich gebildet über Grundlagen und
Details einer solchen Einigung. Am 14. September wurde der K. Regie-
ung aus München berichtet, daß die K. Baierische Staatsregierung, welche,
seriel ich weiß, eine K. Sächsische Denkschrift erhalten hatte, in förmlicher
Weise Preußen gegenüber den Wunsch ausgesprochen habe, in Unterhandlung
wegen Abschließung eines Verfassungsbündnisses zu treten. Nachdem wir
weiter in Erfahrung gebracht hatten, daß der Präsident des Norddeutschen
Bundeskanzleramts beauftragt worden, sich nach München zu begeben und
dert die Eröffnungen und Vorschläge der Baierischen Regierung entgegenzu-
nehmen und zu erörtern, hat auch Württemberg in förmlicher Weise Preußen
und Baiern gegenüber den Wunsch ausgedrückt, an Unterhandlungen über
die deutsche Frage und insbesondere an den Münchener Konferenzen theilzu-
nehmen. Am 21. September traf Minister Delbrück in München ein; an
demselben Tage gelangte hieher eine Einladung der Baierischen an die
Württembergische Regierung, sich in München vertreten zu lassen, und reiste
ein Bevollmächtigter der Würtembergischen Regierung nach München ab.
In den Münchener Konferenzen, welchen allseitig im Gegensatz zu eigent-
lichm Unterhandlungen die Bedeutung vertraulicher Besprechungen gewahrt
*) Verhandlungen der würtembergischen Kammer der Abgeordneten. Protokolle,
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