138 1870. Verträge.
zwei Ausnahmen alle fundamentale und wichtige Gesetze, die im Norddeutschen
Bunde besteben, in Würtemberg, Baden und Südlessen entweder sofort oder
zu einem von vornherein bestimmten nabeliegenden Termin eingeführt. Man
hat es in den genannten Staaten gewagt, ohne auf Vorbereitungen in der
iuneren Gesetzgebung zu warten, den Sprung zu machen, der, wic unver-
kennbar ist, mit der en bloc-Annahme einer großen Anzahl so tief einschnei-
dender Gesetze verbunden ist. Ich kann, meine Herren, hier gleich noch eines
hinzufügen. Bei den Verhandlungen, die über den Artikel 80 stattfanden,
war, wie Sie es begreiflich finden werden, nicht immer in Beziehung auf
jedes einzelne Gesctz die volle Orientinug über die Möglichkeit der Ein-
führung zu einem bestimmten Termin durchweg vorhanden. So ist es ge-
kommen, daß für Südhessen die Einführung des Strafgesetzbuchs vorbehalten
ist für den 1. Jannar 1872, und die Einführung der Gewerbeordnung obne
einen bestimmten Termin in Aussicht genommen ist. Die großherzoglich
bessische Regierung hat es für möglich crachtet, nach nochmaliger Erwägung
— und ich bemerke, daß die sämmtlichen betheiligten Regierungen damit ein-
verstanden sind — das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch für den Nord-
deutschen Bund, das Strafgesetztuch für den Norddeutschen Bund und die
Gewerbecordnung für den Norddeutschen Bund gleichzeitig mit dem Eintritt
der Verfassung für Hessen als Bundeogesetz in Kraft treten zu lassen. (Hört,
Hört!) Es würden hiernach am Schluß des Artikels 80 diejenigen Verän-
derungen eintreten müssen, die durch diese von der großherzoglichen Regierung
gefaßte und von sämmtlichen übrigen betheiligten Regierungen angenommene
Aenderung nothwendig werden. Ich komme nun auf die Stellung Baierns
zu dem Artikel. Ich kann auf das Bestimmteste konstatiren, daß, wenn eine
Anzahl von diesen Gesetzen in dem baierischen Vertrage nicht als sofort ein-
zuführen bezeichnct sind, dies darauf beruht, daß man mit Rücksicht auf die
besondere Lage der Dinge in Baiern eine Vorbereitung durch die Landes-
gesetzgebung bei einzelnen dieser Gesetze für nöthig hielt. Man hat sich —
und darüber hat gar kein Zweifel obgewaltet — hinsichtlich aller dieser Ge-
setze in Baiern der Bundesgesetzgebung in Beziehung auf den Einführungs-
termin unbedingt unterworfen; man hat aber Bedenken getragen, ohne die
Meglichkeit zu haben, eine legislatire Vorbereitung in Baiem selbst zu treffen
oder auch nur in gründliche Erwägung zu ziehen, ob eine solche legislative
Vorbereitung nicht zu entbehren sei — ich sage, man hat Bedenken getragen,
vorher eine große Reihe der hier in Rede stehenden Gesetze in Baiern ein-
zuführen. Aus dem Vertrage mit Baiern selbst ergiebt sich, daß diese Ein-
führung nicht in Frage steht binsichtlich des Wahlgesetzes für den Nord-
deutschen Bund. — Meine Herren, ich glanbe in der allgemeinen Diskussion
mich auf diese Charakterisirung der vorliegenden Verträge beschränken zu
müssen. Ich wiederhole: sie sind enwachsen auf dem Boden der Thatsachen,
sie sind zu Stande gekommen, indem man sich die realen Verhälmnisse ver-
gegenwärtigte. Ich bitte, daß auch Sie, meine Herren, sich bei Beurtheilung