Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Generaldebatte Schulze. 141 
Volles nicht, unserem Antrage gemäß, Rechnung getragen wird, überzeugt 
find. Indessen glaube ich unserem Antrage von einer anderen, von der ma- 
teriellen Seite her vielleicht bei der Mehrheit dieses Hauses eine bessere Em- 
pfehlung geben zu können. Man kann von der absoluten Kompetenz und 
von dem Gebotensein der Aufnahme dieser Frage Seitens des Reichstages 
überzeugt sein, man braucht aber deshalb nicht davon überzeugt zu sein, daß 
der Weg, auf den diese ganze große Angelegenheit gebracht ist von den ver- 
bündeten Regierungen, der zweckmäßige sei, um sie zu einer heilsamen Er- 
leeigung zu bringen. Von diesem Standpuukte aus erlaube ich mir, noch 
cinige, wie ich glaube, schwerwiegende Gründe, die uns bewogen haben, diesen 
Antrag zu stellen, Ihnen vorzuführen. Wir glauben, daß dieser Antrag, den 
ich Ihnen nach seinem Inhalte ja nicht zu vergegenwärtigen brauche, einmal 
geeignet ist, den Reichstag aus der überaus mißlichen Lage zu befreien, in 
der er sich den Regierungsvorlagen gegenüber befindet, und zweitens, daß er 
allein geeignet ist, die Angelegenheit überhaupt auf den einzigen Weg einer 
wahrhaft im Interesse des Volkes heilsamen Erledigung zu bringen. Nehmen 
Sie zuerst die Stellung des Reichstages zu diesen Vorlagen. Vertragsmäßige 
Mmachungen der Regierungen, einerseits des Norddeutschen Bundes, anderer- 
seits der süddeutschen Staaten liegen vor. Diese vertragsmäßigen Ab- 
machungen bilden die Offerte, vermöge deren auch in den südstaatlichen 
Kammern diese Dinge zur Vorlage gebracht werden. In dem Angenblick, 
wo Sie an diesen vertrogsmäßigen Abmachungen irgend etwas ändern, amen- 
diren, wird man Ihnen sagen — der Herr Präsident des Bundeskanzleramts 
bat dies ja schon, und wie ich glaube mit Recht, angedeutet — ja dann 
macht ihr die ganzen Dinge zunichte, denn in dem Augenblick, wo ihr Etwas 
ändert, sind die süddeutschen Regierungen nicht mehr vertragsmäßig gebunden, 
diese Vorlage ihren Kammern zu machen und die ganze Angelegenheit fällt 
in sich zusammen. Ja, meine Herren, so sind wir denn ror diese ungemein 
wichtige und bedeutende Vorlage gestellt mit der Aufforderung, entweder ja 
eder nein zu sagen. Nun, das möchte am Ende zu ertragen gewesen sein, 
wenn es sich allein um einen Akt handelte, wie ihn der Herr Präsident des 
Bundeskanzleramts betonte, wenn es sich nur darum handelte, daß die süd- 
deutschen Staaten einfach zu dem Norddeutschen Bunde, der ja in Folge dessen 
natürlich seinen Namen in einen Deutschen Bund ändern würde, treten. 
Venn es sich um weiter nichts handelt, dann möchte eine solche Stellung 
dieses Reichstages am Ende noch hinzunehmen sein, und ich glaube, es 
würde wohl kaum Jemand, so sehr verbesserungsbedürftig er auch die Vorlage 
achtet, mit Nein alsdann antworten können. Aber, meine Herren, diesen 
Vorlagen von so eminenter Tragweite gegenüber, — wollen wir uns in eine 
solche Position drängen lassen, wie sie etwa bei der Vorlegung eines Han- 
delsvertrages üblich ist, wo auch die Kritik, mit der man in der Regel 
bervorzutreten außerordentlich bereit ist, schließlich dann stets auf den Satz 
binausläuft: Ja, es ist Vieles schlecht, aber den Vertrag zu verwerfen, geht
	        
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