156 1870. Verträge.
der Verfassung verlangt, und da das der Fall ist, so bin ich nicht zweifel-
haft, daß wir bei der Berathung dieser Verfassung uns in vollkommenem
Rechte befinden, wenn wir zu den einzelnen Paragraphen alle dieienigen
Amendements bringen, die wir für zweckmäßig halten. Anders ist die Sache
behandelt bei dem Vortrage mit Baiern und mit Würtemberg. Bei diesen
sagt das Begleitschreiben, es werde uns der Vertrag mit den Beilagen vor-
gelegt, und wir sollen zu diesem Vertrage unsere Zustimmung geben. Bei
dieser Art der Behandlung ist es klar, daß bei diesen Verträgen keine Amen-
dements zulässig sind. Da wird es einfach heißen: Nimm den Vertrag, der
immer ein Ganzes bilden muß und bilden wird, einfach an, oder lehne ihn
ab! Bei Verträgen sind Amendements nicht möglich. (Widerspruch im
Hause.) Ich wiederhole, daß ich bis jetzt im parlamentarischen Leben nichts
anderes erfahren habe, als daß, wenn ein Vertrag vorliegt und zur Geneh-
migung gestellt ist, man ihn entweder als Ganzes annehmen oder ablehnen
muß. Irgend welche Emendation würde den Vertrag aufheben. Was ist
sodann in dem Begleitschreiben rerlangt? Wir sollen genehmigen den Zu-
tritt von Baiern und von Würtemberg zu der deutschen Verfassungsurkunde,
die mit Hessen und Baden vereinbart sei. Das können wir nach meiner
Ansicht nicht eher, als bis die deutsche Verfassung, welche mit Baden und
Hessen gemacht ist, Gesetzeskraft gewonnen hat. Denn einem Embryo kann
man ummöglich doch beitreten. (Heiterkeit.) Dieses ist gar nicht ohne Be-
deutung, meine Herren, und ich wünschte meinestheils sehr, daß man darüber
zu einer größeren Klarheit komme, als ich sie bis jetzt habe erlangen können.
In der That hat in den einleitenden Worten der Herr Präsident des Bun-
deskanzleramts uns sehr interessante Euthüllungen gemacht, nämlich die Ent-
hüllung, daß verschiedene Inkongruenzen vorlägen zwischen den Abmachungen
Baiern's in Versailles und den Abmachungen Hessen's und Würtemberg's
bier, respektire in Versailles, und daß es die Aufgabe sei, diese hier jetzt zu
beseitigen. Er hat dabei die mich sehr beruhigende Mittheilung gemacht,
daß der Eingang der Norddentschen Verfassung, die Zweckbestimmung der-
selben, nicht habe alterirt werden sollen. In dem baierischen Vertrage heißt
es z. B. namentlich: „Zur Entwickelung des Rechtes“; in der Norddeutschen
Verfassung heißt es: „Zum Schutze des bestehenden Rechtes“, welch' erheb-
licher, tiefgreifender Unterschied darin liegt, das werden Alle fühlen, insbe-
sondere aber die Standesherren Deutschlands. Meine Herren, wenn man
nicht in übertriebener Hast die neue Ordnung will, dann wäre es ein bil-
liges Verlangen, daß die Bundesregierungen die Resultate, die nunmehr
gewonnen worden sind, vollständig und ganz in eine offizielle Schlußrelation
brächten, und daß dieses (Ganze dann uns vorgelegt würde, dann könnte man
es übersehen, dann könnte man berathen, dann könnte man beschließen. So
wic die Sache jetzt liegt, fürchte ich, daß ich diesem Terrassenbau meine Ge-
nehmigung nicht geben kann, ich fürchte, es könnte ein Fuchsbau daraus wer-
den. (Ohol rechts, Sensation, Heiterkeit.) Meine Herren, wenn ich dieses