6 Verfassung des Deutschen Reichs.
statt und kann der Bundesrath zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den
Reichstag, letzterer aber nicht ohne den Bundesrath berufen werden.
Artikel 14.
Die Berufung des Bundesrathes muß erfolgen, sobald sie von einem
Drittel der Stimmenzahl verlangt wird.
Artikel 15.
Der Vorsitz im Bundesrathe und die Leitung der Geschäfte steht dem
Reichskanzler zu, welcher vom Kaiser zu ernennen ist.
Der Reichskanzler kann sich durch sedes andere Mitglied des Bundes-
rathes vermöge schriftlicher Substitution vertreten lassen.
Artikel 16.
Die erforderlichen Vorlagen werden nach Maßgabe der Beschlüsse des
Bundesrathes im Namen des Kaisers an den Reichstag gebracht, wo sie
durch Mitglieder des Bundesrathes oder durch besondere von letzterem zu er-
nennende Kommissarien vertreten werden.
Artikel 17.
Dem Kaiser steht die Ausfertigung und Verkündigung der Reichsgesetze
und die Ueberwachung der Ausführmg derselben zu. Die Anordnungen und
Verfügungen des Kaisers werden im Namen des Reiches erlassen umd be-
dürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichskanzlers, welcher
dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.
Artikel 18.
Der Kaiser ernennt die Reichsbeamten, läßt dieselben für das Reich
vereidigen und verfügt erforderlichen Falles deren Entlassung.
Den zu einem Reichsamte berufenen Beamten eines Bundesstaates stehen,
sofern nicht vor ihrem Eintritt in den Reichsdienst im Wege der Reichs-
gesetzgebung etwas Anderes bestimmt ist, dem Reiche gegenüber diesenigen
Rechte zu, welche ihnen in ihrem Heimathslande aus ihrer dienstlichen Stel-
lung zugestanden hatten.
Artikel 19.
Wenn Bundesglieder ihre rerfassungsmäßigen Bundespflichten nicht er-
füllen, können sie dazu im Wege der Exekution angehalten werden. Diese
Exekution ist vom Bundesrathe zu beschließen und vom Kaiser zu vollstrecken.
V. Reichstag.
Artikel 20.
Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer
Abstimmung hervor.