Generaldebatte. Miquel. 205
und Velker ohne Rücksicht auf auswärtige Mächte sich einigen können, sie
sich auch einigen werden —; sie werden sich einigen, denn sie müssen sich
einigen; aber, meine Herren, wir können uns nur dann einigen, wenn die
Velker den Fürsten, wenn aber auch die Fürsten den Völkern entgegen-
kemmen. Nur der Herr Abgeordnete Wintthorst hat, vielleicht verzweifelnd,
auf andere Weise zu seinem Ziel zu kommen, wenn auch nur leise, leise,
dech nach anscheinend eine kleine Hoffnung gestützt auf das Ausland, auf
Oesterreich. Er lat leise, leise es „dahingestellt sein lassen", ob nicht der
Prager Frieden auch hier in Frage käme, und ob nicht auch Oesterreich ein
Wort mitzusprechen häte in Beziehung auf die Einigung von Nord= und
Sürdeutschland. Meine Herren, ein deutscher Patriot dächte ich, wenn er
glaubt, es sei die Frage zweifelbaft, er hätte es wohl für seine Pflicht halten
kennen, sie zu verschweigen, (Sebr wahr! Brarol) er hätte erwartet, was
das Ausland thut, was die feindliche Diplomatie Oesterreichs thut; sie pro-
reciren hätte er für pflichtwidrig gehalten. (Sehr richtig!) Gott sei Dank,
wir baben von derartigen Insinnationen nichts mehr zu fürchten; wir sind
der Feinde da draußen Herr und auch der Feinde da drinnen. (Bravol)
Meine Herren, der Herr Abgeordncte Wagener hat das neue deutsche Reich,
den Kaiser der Zukunft geschildert als eine zweite Auflage des Kaisers des
alten rmischen Reichs deutscher Nation. Der Abgeordnete Loewe hingegen
bat meines GErachtens noch mehr die Bedeutung umd die Machtstellung des
neuen deutschen Kaiserreichs unterschätzt. Das Kaiserthum von heute, meine
Herren, ist nicht das schwache, klägliche Wahlkaisertbum des Mittelalters,
nicht das Kaiserthum der Habsburger, welches keinen anderen Zweck hatte,
als die Kräfte und Interessen der deutschen Nation zu dynastischen Habs-
burgischen Interessen auszubeuten; das Kaisertbum von heute ist das Hoben-
zellernthum, meine Herren, ist Preußen. (Braro! rechts.) Worauf stützt
sich denn das Kaiserthum der Hohenzollern? — Der Abgeordnete Wagener
bat es richtig bezeichnet: auf die großen Verdienste um die deutsche Nation.
(Ob! links.) Ob, meine Herren, wenn Sie Geschichte studiren, die deutsche
Natien ist gewerden durch Preußen, an dessen Spitze Hohenzellern stand.
(Sehr wahr! rechts.) Wem haben wir den beutigen Zustand zu verdanken
in Deutschland? — Wir müssen es offen bekennen: allein Prcußen! —
Während kläglich das mittelalterliche Reich zusammenbrach, baben die Hohen-
zellen nicht in remantischer Weisc, sondern in sehr realistischer, nüchterner
Beise allmählig das Reich der Zukunft gegründet; der große rettende Held,
der greße Kurfürst begann seine Laufbahn mit der Befreimg des durch den
dreißigjährigen Krieg zerkneteten und zerrütteten deutschen Landes von der
Fremdberrschaft; sein großer Kampf war der gegen die Schweden, gegen die
Ausländer. Wer bat die dänische Fremdherrschaft in Deutschland vermichtet,
wer hat in den Freiheitskriegen von 1813, 1814 und 1815 die französische
Knechtschaft abgeworfen, wer hat uns — ich sage es laut — in dem
weiten großen Freiheitskriege von 1866, wer hat da die andere aus-