Generaldebatte. Miguel. 209
Führmg wird die Mehrheit im Bundesrathe haben, sobald es will; Preußen
hat die Mobilisirung der Armee, es wird die Kraft haben, die kleineren
Staaten mit sich fortzureißen. Darum liegt in dieser Bestimmung kein Be-
weis unserer friedlichen Haltung. Aber wir brauchen den Beweis durch keine
Verfassungsparagrapben zu führen: wir sind die friedliche Nation, die Ge-
schichte beweist es, wir können auf unsere ganze Geschichte hinzeigen, und
ver es nicht glauben will, meine Herren, der mag es daun bleiben lassen.
(Heiterkeit.) Ich glaube also, mit diesem Scheingrunde kaun man eine so
inkerrekte Bestimmung in keiner Weise vertheidigen. Man hat betreffs der
Obeilnahme Baierns an der auswärtigen Vertretung von der einen Seite —
und auch von Seiten des Abgeordneten Wagener ist dies geschehen — darauf
bingewiesen, sie sei unbedenklich, weil wir es mit Freunden zu thun hätten,
und weil wir sicher wären, daß die baierischen Gesandten in Wahrheit eben
se gut wie die preußischen die Interessen der gesammten Nation vertreten
würden, während der Abgeordnete Wiudthorst — vielleicht klüger als der
Abgeordnete Wagener, (Heiterkeit) — ich sage auedrücklich „klüger“ und ich
beffe, Abgeordneter Wagener wird verstehen, was ich damit sagen will —
während der Abgeordnete Windtborst diese fragliche Bestimmung lediglich
als einen hingeworfenen Popanz charakterisirt, als eine, wie er sich sehr
Fraktisch ausdrückte, Fuchs= und Mausefalle, die nur darauf berechnet sei,
die baierischen Patrioten einzufangen. Er scheint es zu seiner Aufgabe sich
gemacht zu haben, seine Freunde in Baiern sorgfältig von der Tribüne herab
zu warnen. Er sagt, die Theilnahme Baierns bei dem auswärtigen Amte
bedeutet gar nichts, der Ausschuß wird nichts zu thun bekommen als ctwa
die Depeschen im Original zu lesen, die wir vorher schon in den Zeitungen
gesehen haben, und die baierischen Gesandten werden nur dann zur Vertre-
tung zugelassen werden, wenn gerade einmal nichts zu thun ist. Meine
Heren, ich glaube zwischen diesen beiden Extremen liegt die Wahrheit in
der Mitte. Die Sache ist für uns keineswegs so ungefährlich, wie der Ab-
gerronete Windthorst und der Abgcordnete Wagener von seinem entgegenge-
setzten Standpunkte aus sie darzuthun sich bemüht haben. Wir würden wohl
uns müssen versichert halten, daß das baierische Volk eine andere Vertretung
als der deutschen Interessen durch seine Gesandten nicht will; das Vertrauen
kann ich aber aus der Geschichte trotz der augenblicklichen nationalen Hal-
mug des Königs von Baiern nicht schöpfen, daß auch die baierische Hof-
partei, — eine große Partei, die ich nicht näher in diesem Augenblick
charakterifiren will, die schon viel Unheil über Deutschland gebracht hat, —
daß die auch in Zukunft ihre ganze Geschichte vergessen, nimmer rückwärtsé
blicken, und keine Neigung haben sollte, mit dem eifersüchtigen Auslande zu
konspiriren. Wir haben zwar augenblicklich das Ausland abgeschlagen, wo#
es uns mit Gewalt entgegentrat, die Intrignen aber des Auslandes, das
beimliche Schleichen in Deutschland, nach der Gewohnheit von 300 Jahren
wieder Einfluß zu bekommen, die Verführungsversuche gegen die kleineren
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