Verfasfung. Art. 3. Antrag Wigard. 235
Lerru, mit diesem meinen Antrage, welcher dahin gerichtet ist, wenigstens
im Trpschen demokratischen Oeles in diese Verträge hineinzubringen, will
ich aber meinen Standpunkt bezüglich der Rechtsgültigkeit der Reichsver-
fassung von 1849 auf keinen Fall aufgegeben, damit will ich auf die Grund-
uchte nicht verzichtet haben, wie sie in jener Reichsrerfassung niedergelegt
find. Nach der Erklärung des Herru Präsidenten des Bundeskanzler-Amts
kann ich das ganze Werk, um das es sich gegenwärtig handelt, für nichts
anderes ansehen, als für den Kaufpreis einer Krone. Und dieser Kauffpreis,
meine Herren, ist mir doch viel zu hoch, viel zu hoch gegriffen, wenn er nicht
einmal mit wenigen Grundstrichen auch die Rechte des Volkes enthält. In
diesem Sinne habe ich diese wenigen Grundrechte des Volkes Ihnen zur An-
nahme vorgeschlagen und, meine Herren, den Einwand kann man nicht
machen, daß eine künftige Legislaturperiode im Stande sein werde, die Ver-
sassung des Norddeutschen Bundes selbst zu verbessern und etwa solche Be-
ftimmungen, wie ich sie vorschlage, noch hinein zubringen; denn es handelt
sich nicht um die Ausbildung der Norddeutschen Verfassung, es handelt sich,
wie die Herren ja selbst fortwährend uns sagen, um eine deutsche Verfassung.
Denn es sich um die handelt und wenn es sich auch nur um die Verträge
dandelt, welche einseitig die Fürsten über die Regierungsweise des Volkes ab-
geschlessen haben, so ist es wahrlich an der Zeit, daß in diese deutsche Ver-
fassung, oder, wie ich sage, in diese Verträge der Fürsten über das deutsche
Volk auch solche Bestimmungen aufgenommen werden, welche die Angehörigen
des kleindeutschen Verbandes sichern und schützen in den Rechten, deren jedcs
s#litisch mündige Volk außer Deutschland schon jetzt sich erfreut. Ich empfehle
Ihnen daher diese Anträge aus den oben erwähnten und bereits früher ent-
wickelten Gründen zur Annahme. (Bravokt links.)
Präsident des Bundeskanzler-Amts Staatsminister Delbrüch"): Meine
Herren, ich habe bereits in meinem einleitenden Vortrag zu erwähnen die
Ehre gehabt, daß die Regierungen bei den Verhandlungen über die Doku-
mente, die Ihnen heute zur Berathung vorliegen, sich wohl die Frage vor-
ßelegt haben, ob neben denjenigen Verabredungen, welche unmittelbar durch
den Beitritt der Süddeutschen Staaten veranlaßt und nothwendig wurden,
auch in eine Revision der Bundesverfassung selbst einzutreten sei. Ich habe
i bemerken die Ehre gehabt, daß die Gründe, welche für die Bejahung die-
ser Frage angeführt werden können, von den verhandelnden Regierungen in
keiner Weise verkannt sind, daß sie aber geglaubt haben, den gegenwärtigen
Mement nicht für den geeigneten halten zu können, um zu den durch den
Beitritt der Süddeutschen Staaten gebotenen Fragen noch die großen Fragen
binzuzufügen, welche sich an eine Revision der Verfassung selbst knüpfen.
Ih kann versichern, meine Herren, daß die verhandelnden Regierungen.
6) St. B. S. 110 r. g. u.