240 Vertrag mit Baden und Hessen.
nach Artikel 76 der Bundesverfassung dem Bundeskanzler zur Prüfung
übergeben wurde. Meine Herren, die mecklenburgische Bevölkerung
glaubte, daß nunmehr die Frage auf die richtige Bahn geleitet wäre
und daß, nachdem der Reichstag sich mit so großer Majorität für den
mecklenburgischen Antrag entschieden hatte, nunmehr die weiteren Ein-
leitungen zur Reform unserer Verfassung getroffen würden. Sie wur-
den aber von ihren Hoffnungen wiederum zurückgebracht, indem unter
dem 5. Juli eine abschlägige Antwort auf die Petition von Seiten des Bun-
desraths ertheilt wurde. Die Errägungen dieser Antwort gingen dahin,
daß, „die in Folgze des schiedsrichterlichen Urtheils vom 11. September 1850
wieder hergestellte landständische Verfassung zur Zeit der Einrichtung des
Norddeutschen Bundes in anerkannter Wirksamkeit bestand und daß deshalb
das auf diese Verfassung sich gründende Recht als das gültige Verfassungs-
recht im Sinne des Eingangs der Bundesverfassung angesehen werden muß.“
Meine Herren, diese Entscheidung kam uns wirkich unerwartet, weil wir
davon ausgegangen waren, daß die Garantie, welche in der Einleitung der
Bundesverfassung gegeben wird, sich nur auf die Verfassungen bezieht, welche
als rechtsgültig anerkannt sind, und daß das Wort „gültige Verfassung“
gerade den Gegensatz bedeutet von „faktisch bestehender Verfassung“. Außer-
dem waren wir darauf nicht gefaßt, daß anerkannt wurde, daß durch Ver-
träge, welche zwischen verschiedenen Staaten abgeschlossen werden, auch die
Verfassungszustände der verschiedenen Staaten als rechtliche anerkannt werden.
Wie dem auch sei, meine Herren, es ist hier nicht der Ort, weiter Rücksicht
darauf zu nehmen. Wir wurden aber damals durch die Entscheidung des
Bundesrathes in unseren Hoffnungen auf das Aeußerste getäuscht, denn da
ein Verfahren nach Artikel 76 nur mit Genehmigung des Bundesraths oder
unter dessen Zustimmung eingeleitet werden kann, so hatten wir damals alle
Hoffnung auf eine Reform unserer Verfassungszustände verloren. Jetzt aber
ist der Zeitpunkt für eine Reform eingetreten, wo es sich um eine Verfassung
von ganz Deutschland handelt, und da hoffen wir, daß Sie uns mit unter-
stützen werden, um andere Zustände für uns zu schaffen, nicht blos im Inter-
esse unseres engeren Heimathlandes, sondern auch im Interesse des zu konsti-
tuirenden deutschen Bundes. Meine Herren, es fällt mir nicht ein, Ihnen
die Nothstände, die in Mecklenburg eristiren, hier eingehend charakterisiren
zu wollen. Ich selbst habe mich zu wiederholten Malen darüber geäußert,
Sie selbst haben auch schon theilweise die Unhaltbarkeit unserer Zustände
durch Beschlüsse anerkannt, und ich will mich daher einfach darauf beschränken,
diejenigen Verhältnisse darzulegen, welche meinem Antrage unmittelbar zu
Grunde liegen. Es wird Ihnen meistens bekannt sein, daß wir überhaupt
für die Vertretung keine Wahlen haben, sondern, daß die Landesvertretung
aus denjenigen Herren besteht, welche zufällig Rittergutsbesitzer sind, und
aus den Herrn Bürgermeistern der verschiedenen Städte. Das sind, so zu
sagen, unsere geborenen Vertreter, und diese haben nicht die Interessen des