Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Verfaffung. Art. 3. Antrag Wiggers. Blanckenburg. Art. 4, Ziff. 16. Duncker. 253 
einer vorgängigen Erlaubniß nicht abhängig gemacht 
werden’)“. 
Duncher (Berlin V)“): Meine Herren, ich habe diesen Antrag, welcher 
sich auf die Freiheit der Presse bezieht, nicht in Verbindung gebracht mit 
dem Antrage meines Freundes Wigard auf die Grundrechte, mit dem ich 
sonst in jeder Beziehung sympathisire, weil ich den Einwand, den der Her 
Präsident des Bundeskanzler-Amts der Aufnahme dieser Grundrechte in die 
Verfassung entgegengestellt hat, vorausgesehen habe. Der Her Präsident 
des Bundeskanzler-Amte hat sich dahin ausgesprochen, daß wir im gegen- 
wärtigen Augenblicke nur uns mit selchen Verfassungsveränderungen beschäf- 
ligen könnten und sollten, welche durch den Eintritt der Südstaaten unmit- 
telbar bedingt werden. Meine Herren, diesen Anforderungen, die der Herr 
Präsident des Bundeskanzler-Amts an zu stellende Amendements gerichtet hat, 
meine ich, entspricht aber mein Antrag in Bezug auf die Freiheit der Presse 
und des Vereinswesens vollständig; denn, meine Herren, die verbündeten Re- 
gierungen schlagen uns in der Nummer 16 zu Artikel 4 eine ganz neue 
Komxetenz des Reichstages und der Bundesgesetzgebung vor, sie fügen den 
übrigen Bestimmungen hinzu unter 16: „die Bestimmungen über die Presse 
und das Vereinswesen.“ Es handelt sich also, wenn, wie wir vorschlagen, 
diesrr Kompetenz zugleich die Normatirbedingung hinzugefügt wird, daß 
die Preßfreiheit durch keinerlei vorbeugende Maßregel oder Hemmung des 
Verkehrs beschränkt werden darf, und daß das Recht, sich friedlich ohne 
Boffen in geschlossenen Räumen zu versammeln, sowie das Recht, Vereine 
zu bilden, von keiner vorgängigen Erlaubniß abhängig gemacht werden darf, 
— nicht um ein neues Grundrecht, welches wir in die Verfassung des 
deutschen Bundes einführen wollen, sondern, meine Herren, es handelt sich 
einfach um die Konservirung der Grundrechte und der thatsächlichen Verhält= 
nisse, welche fast in allen deutschen Staaten bestehen, und welche namentlich 
in den süddeutschen Staaten zur Zeit bestehen, die aber in dem Augenublicke 
aufgehoben oder wenigstens in ihrem Fortbestande gefährdet werden, wo Sie 
der Bundesgesetzgebung ohne weitere Einschränkung die Gesetzgebung über 
das Vereinsrecht und die Presse vindiciren; denn da nach dem Grundsatze 
unfrer Bundesverfassung Bundesgesetze unbedingt den Landesgesetzen vor- 
geben, so ist die Bundesgesetzgebung in keiner Weise an die biöherigen ver- 
fassungsmäßigen Bestimmungen der Einzelstaaten gebunden; es kann z. B. 
dem nächsten Reichstage ein Bundespreßgesetz vorgelegt werden, das die Cen- 
sur einführt, und wenn die Majorität des Reichstages und die Majorität 
des Bundesrathes die Censur einführen will, so besteht kein Hinderniß mehr, 
unk sie wird eingeführt. Also ist mein Bestreben bei diesem Antrage ledig- 
) Drucks. Nr. 26 IV. 
*) St B. S. 117 l. .0
	        
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