Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Verfaßung. Art. 4, Ziff. 16. Bebel. 263 
den Gesetzes gerechtfertigt werden können. Ich muß zum dritten Male auf 
einen schon berührten Punkt kommen und hoffe heute keine Unterbrechungen 
zu erleiden, nämlich auf das Verbot der Versammlung seitens der sächsischen 
Regierung gegenüber unserer Partei. Der sächsische Herr Minister der Fi- 
nanzen hat mir entgegengehalten, die sächsische Regierung sei auf Grund 
des sächsischen Vereinsgesetzes vom 3. Juni 1850 vollständig berechtigt ge- 
wesen, dies Verbot auszusprechen, und zwar nach einem Paragraphen dieses 
Gesetzes, wonach die Regierung Versammlungen verbieten könne, wenn Ge- 
fahr für die öffentliche Ruhe und Sicherheit vorhanden sei. Ich will nicht 
untersuchen, ob in den Versammlungen, die von unserer Seite in Aussicht 
standen, eine Gefahr für die öffentliche Ruhe und Sicherheit vorhanden war, 
das Eine will ich nur bemerken, daß in einer Zeit, wo mehr als eine Million 
Seldaten und Bajonette unter den Waffen stehen, es für eine Partei eine 
sehr schwere Sache ist, die öffentliche Ruhe und Sicherheit zu stören. Sie 
würde wahrhaftig höchst unklug handeln, sich dergleichen zu Schulden kom- 
men zu lassen in einer Zeit, wo sie so wenig Aussicht auf einen wirklichen 
Erfelg hat. Aber der angezogene Pare graph, der von dem sächsischen Mi- 
nister des Innern mir entgegengehalten wurde, paßt nicht einmal auf diesen 
hall; der betreffende Paragraph war § 12 des sächsischen Vereins= und Ver- 
fammlungsrechtes und handelt einzig und allein von Versammlungen unter 
freiem Himmel. Versammlungen unter freiem Himmel können jederzeit ver- 
boten werden. Wie jetzt die sächsische Regierung dazu kommt, diesen Para- 
Kaphen auf alle Versammlungen auszudehnen, ist mir wie Anderen unrer- 
stänklich und unbegreiflich, und obgleich wir in unserem Parteiorgan und 
auch anderwärts, selbst bei den Regierungsbehörden, reklamirt und öffentlich 
dagegen protestirt haben, hat kein einziges liberales Blatt in Sachsen unsere 
bartei ergriffen, es hat kein einziges zu sagen sich veranlaßt gefühlt, daß das 
Verfahren der Regierung zu Unrecht bestehe, es hat kein einziges gegen dies 
Verfahren protestirt, obgleich im gegebenen Falle die Anwendung jenes Pa- 
ragraphen sowohl auf die liberale Partei wie auf die unsere angewendet 
werden könnte. Das sind zwei Thatsachen, die mich allerdings in der Auf- 
fassung, die von den Rednern der linken Seite vertreten worden ist, bestärken 
und mich bestimmen werden, unter allen Umständen gegen eine Kompetenz- 
erweiterung des Bundes zu stimmen. 
v. Blanckenburg’): Meine Herren, ich wollte Sie aus einem sehr ein- 
fachen Grunde bitten, doch den Antrag des Abgeordneten Duncker abzulehnen, 
imd zwar aus dem Grunde, den eben der vorletzte Herr Redner mir nahe 
zelegt hat, der Herr Dr. Becker. Es sollen nach seiner Absicht gewisse Ga- 
murien dafür ausgesprochen werden, daß die künftige Gesetzgebung in Be- 
schränkung der Freiheit der Presse u. s. w. nicht über ein gewisses Maaß 
) St. B. S. 120 r. u.
	        
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