274 Vertrag mit Baden und Heffen.
burg und für Sachsen, und daß es sich ebenso mit den Posttarifen u. s. w.
verhält. Wenn Sie also consequent sein wollen, so müssen Sie die itio in
partes bei jedem einzelnen Gesetze, bei jedem einzelnen Gegenstande haben.
Endlich aber, meine Herren, ist gefragt worden oder könnte gefragt werden:
was haben die Baiern für ein Interesse daran, mit zu berathen bei Gegen-
ständen, bei denen sie nicht betheiligt sind. Meine Herren, ich sage gerade,
sie haben ein Interesse daran, sie haben das gemeinschaftlich deutsche und
das spezifisch baierische Interesse, daß in den Theilen des Deutschen Bundes
selbst, wozu sie nicht gehören, gute Gesetze und gute Zustände einge-
führt werden, und wir wiederum, meine Herren, haben ebenfalls das
Interesse daran, daß die Sachen so gemacht werden, daß sie den Baiern und
Würtembergern gefallen, damit sie so bald wie möglich ihre Sonderstellung
aufgeben. Aus allen diesen Gesichtspunkten, meine Herren, glaube ich, ist
es unwiderleglich, daß der Artikel 28 durch unsere ganze nationale Stellung
einen Riß machen würde, und, meine Herren, ich bitte Sie zu bedenken,
welches Schauspiel für uns, welches Schauspiel für Deutschland, welches
Schauspiel für Europa es ist, wenn das endlich geschaffene deutsche Parla-
ment plötzlich wie der polnische Reichstag unseligen Andenkens sich in ver-
schiedene Theile theilt, die Einen gehen links, und die Andern gehen rechts.
Ich bitte Sie, den Zusatz abzulehnen.
Präsident des Bundeskanzler-Amts, Staatsminister Delbrück'): Meine
Herren, ich möchte zunächst daran erinnern, um was es sich bei dieser Be-
stimmung eigentlich handelt. Es ist mit vollkommenem Rechte hervorgehoben
worden, daß es hier im Reichstage wie in jedem Sonder-Landtage eines
einzelnen Staates eine Menge Materien giebt, bei welchen sachlich nicht die
Gesammtheit interessirt ist, sondern nur ein einzelner Theil. Nicht sowohl
im Reichstage, als, wie richtig bemerkt, in den Sonder-Landtagen werden
Gesetze erlassen, die ausdrücklich nur für bestimmte Landestheile gelten. Um
ein solches Verhältmiß handelt es sich hier gar nicht, es handelt sich hier
nur um solche Verhältnisse, bei welchen nach der Verfassung selbst die ganze
Institution nicht gemeinschaftlich ist. Nach der Verfassung ist die ganze
Institution der Bier= und Branntweinsteuer nicht gemeinschaftlich. Der
Reichstag wird vielleicht oft genug noch in die Lage kommen — so ist es
ja z. B. bei dem Einführungsgesetz zu dem Handelsgesetzbuch und zu der
Wechselordnung gewesen — gewisse partikulare Bestimmungen in einzelnen
Staaten als solche ausdrücklich aufrecht zu erhalten. Das wird auch fer-
nerhin sein. Das sind auch nicht Angelegenheiten, die nach der Verfassung
nicht der Gesammtheit gemeinschaftlich sind; nach der Verfassung sind diese
Angelegenheiten unbedingt gemeinschaftlich. Ich wiederhole, es handelt sich
hier nur um solche Gegenstände, wo die ganze Institution nach der Ver-
*) St. B. S. 1294 r. u.