Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

314 Vertrag mit Baiern. 
Seite eine Antinomie herrscht. Baiern hat keinen Vorbehalt zu seinen 
Gunsten, sondern eine von den Verträgen mit den andern Südstaaten ab- 
weichende Stimmzahl ausbedungen. Der Unterschied besteht darin, daß 
nach dem § 25 des baierischen Vertrages, wenn man von dem Hinderungs- 
recht Prcußens absieht, unter Umständen drei andere Regierungen genügen, 
um Verfassungsveränderungen ein Veto entgegenzusetzen, während nach dem 
Antrage, welchen wir stellen, immer nur vier Regierungen dies würden 
thun können. Formell herrscht außerdem der Unterschied, daß in dem § 25 
des baierischen Vertrages statt des Bruchtheiles von die bestimmte Zahl 
14 gesetzt ist, welche eine Koalition der drei Königreiche ausdrückt. Ich 
weiß nicht, ob es die Absicht der Redaktoren gewesen ist, einer solchen Koa- 
lition in der Bundesverfassung einen Ausdruck zu geben; ich nehme es einst- 
weilen nicht an. Wenn ich nun zugebe, daß bei dem (Greifen der höberen 
Zahl von drei Viertheilen die arithmetische Rücksicht nothwendig war, daß 
man von zwei Dritteln nur zu drei Vierteln hat übergehen können, wenn 
man nicht künstliche Bruchverhältnisse herstellen wollte, so liegt darin doch 
gar kein Grund, weshalb durch eine ausdrücklich benannte Zahl die wirksam 
widersprechende Minderheit noch tiefer herabgedrückt werde. Ich kann kaum 
annehmen, daß die von uns beantragte Abänderung, welche Wielen eine ge- 
wisse Beruhigung bringen würde, daß nicht an eine besondere Stellung der 
drei Königreiche gedacht worden, — ich kann nicht annchmen, daß diese kleine 
Abänderung zu dem Scheitern des Vertrags führen sollte. Zu meiner großen 
Freude hat der Herr Vertreter des Bundesrathes eine solche Erklärung nicht 
abgegeben, und, die auf derartige Erkläuungen um des ganzen Vertrages 
willen entscheidenden Werth legen, sind in der Lage, unserem Antrage beizu- 
stimmen und den verbandelnden Bevollmächtigten anheim zu geben, in wel- 
cher Weise sie sich mit dem Beschlusse des Hauses abzufinden gedenken. 
Präsident des Bundeskanzler-Amts Staateminister Delbrück'’): Meine 
Herren, ich habe zu diesem Paragraphen deshalb nicht das Wort sofort er- 
griffen, weil in dem Augenblick, in welchem ich das Wort ergreifen wollte, 
dies bereits von dem Herrn Abgeordneten für Meiningen geschehen war. 
In der Sache selbst habe ich zu erwähnen, daß die hier vorliegende Bestim- 
mung das Ergebniß sehr langwieriger Verhandlungen ist. (Ahal) Es war 
von Seiten Baierns gegen die Dreiviertel-Majorität in der Beschränkung 
auf gewisse Angelegenheiten keine Erinnerung erhoben. Es wurde dagegen 
in Bezug auf Verfassungsänderungen, die eine gewisse Qualifikation hatten, 
namentlich in Bezug auf den Artikel 4 von Baiern ein Veto in Anspruch 
genommen. Es gehörte dieser Punkt zu den schwierigsten Fragen, die über- 
haupt in der ganzen Verhandlung mit Baiern zu erledigen waren. Daß 
man von der Dreiviertel-Majorität, die auf der einen Seite festgehalten 
St. B. S. 143 1. g. mn.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.