Drine Berathung. Badijd · heffischer Vertrag. Generaldebatte. Mallinckrodt. 335
Landesrerfassungen und in dem Mangel irgend welcher organischer Verbin-
rung zwischen der Reichsvertretung und den Landesvertretungen einen Scha-
den, den ich einen Krebsschaden nennen möchte. Ferner gehöre ich zu der
ziemlich zahlreichen Klasse, welche der Ueberzeugung lebt, daß das Militär=
wesen zu starke Anforderungen an die Volkskraft, namentlich was die per-
sönliche Leistung betrifft, stellt. Nun weiß ich zwar sehr wohl, daß der
setzige Moment am allerwenigsten geeignet sein würde, um in der Beziehung
irgend eine Veränderung zu fordern, und das liegt mir auch fern. Allein,
meine Herren, ich mag für die Zukunft die Situation auch nicht verschlim-
mern, und eine Verschlimmerung scheint mir darin zu liegen, daß die Ver-
näge, namentlich mit Baiern und Würtemberg, Bestimmungen enthalten,
welche, ohne eine unmittelbare Wirkung auf die gegenwärtigen Bedürfnisse
des Militärwesens äußern zu können, für die Folge eine Verstärkung der
Leistungen dieser süddeutschen Staaten enthalten und damit einen ziemlich
wirksamen Hebel beseitigen, der auch für uns in der Volge eine Erleichterung
der Lasten herbeiführen helfen könnte. Für die innere Organisation, inebe-
sondere für die Auseinanderscheidung der Staats= und der Reichsgewalt ist
ruch die neue Verfassung nichts gewonnen, insbesondere in Preußen ver-
schwimmen die Aufgaben der Staatsminister und der Bundeskommiss sare
nach wie vor. Ich weise hin auf das Finanzministerium, auf das Kriegs-
ministerium, auf das Handelsministerium. Wir haben eigentlich nur einen
Angelpunkt, um den sich das ganze staatliche Leben im künftigen Reiche und
im preußischen Staate bewegt; dieses eine Organ, der Bumdeskanzler, deckt
mit seiner Autorität und mit seiner Verantwortlichkeit, die doch der Un-
verantwortlichkeit eigentlich so ähnlich sieht, wie ein Ei dem andern, Alles,
and es gehört deshalb ein übergroßes Vertrauen sowohl auf die einzelne Per-
son an sich wie auf die Zeitdauer, wo diese Person noch in der Lage sein
rid, das Amt zu führen, dazu, um eine solche Organisation hinzunehmen.
Man hat freilich oft gesagt: zunächst den Bund, nachher das Revidiren der
Verfassung. Allein an ein solches „Nachher“ vermag ich meinerseits nicht
u glauben. Mir scheint, der naturgemäßeste und günstige Zeitpunkt zu einer
Rerision und Verbesserung der Verfassung auch hinsichtlich ihrer Principien
ware gerade der Moment des Zutritts der Südstaaten zu dem Nordbund;
m dieser Moment einmal versäumt, dann kann ich mich nicht von der Be-
#orgniß lossagen, daß wir tiefer und tiefer dem Militarismus und selbst dem
Imperialismus entgegen getrieben werden. Dem gegenüber mögen freilich
Scstrebungen entgegengesetzter Richtung sich geltend zu machen suchen, allein
dann ist die Folge eben die, daß wir zu einem Abschluß, zu einem Frieden
nicht gelangen, sondern daß nur innerer Kampf und Unfrieden auch die Zu-
kunft erfüllt. Dazu mag ich meinerseits nicht beitragen, ich lehne die Ver-
anwertung dafür ab, und da ich nicht gewohnt bin, anders zu reden und
enders zu stimmen, so erübrigt mir auch nur, daß ich zu den Vorlagen
nicht Ja, sondern Nein sage. Dem habe ich nur noch das eine Wort hin-