336 Verträge mit den süddentschen Staaten.
zuzufügen: nachdem durch die Uebereinstimmung der deutschen Fürsten und
der Vertretung des Reichstages, sowie der interessirenden süddcutschen Länder
die Reichsrerfassung, das Reich, der Kaiser gewonnen sein werden, da werde
ich es als meine Pflicht betrachten, ein loyaler, treuer Reichsbürger zu sein,
wie ich solches auch von jedem Andern erwarte.
Tiebknecht Leipzig (Stollberg-Hartenstein r.)“): Meine Herren, ich habe
ebenfalls blos mein Votum zu motiviren. Es wird kurz geschehen. Ich
geböre nicht zu Denjenigen, die dem parlamentarischen Kampf eine große
Bedeutung beilegen, ich und meine Frcunde, wir sind wesentlich außerparla-
mentarisch, gegenparlamentarisch. Wir wissen, daß die politischen KRämpfe,
die Deutschland jetzt bewegen, Machtfragen sind, wir wissen, daß diese Macht-
fragen auf einem andern Gebiete gelöst werden, als auf dem parlamentari-
schen, als in diesem Reichstage, der sich ja ron anderen Parlamenten noch
wesentlich dadurch unterscheidet, daß eine Macht nicht in ihm liegt. Wenn
wir uns auf das Gebiect dieses parlamentarischen Kampfes als Parlamenta-
rier begäben, würden wir den Boden, auf dem der Reichstag steht, aner-
kennen, wir würden, indem wir als Parlamentarier parlamentarisch verhan-
deln, mit unsern Gegnern parlamentiren, und parlamentiren heißt paktiren.
Mit dieser Erklärung ist zugleich unser Standpunkt zu der Kompetenzfrage
gegeben. Dieser ganze Reichstag sammt dem Norddeutschen Bund, dessen
Verzierung der Reichstag blos ist, ist das Produkt eines Rechtsbruchs, eines
von einer absoluten Macht ausgegangenen Rechtsbruchs. (Bewegung.)
Präsident: Ich mache den Redner darauf aufmerksam, daß sich das
einer Versammlung gegenüber nicht sagen läßt, ohne die parlamentarische
Ordnung zu verletzen, er wird mich gewiß nicht noch am Ausgang dieser
Berathung in die Lage bringen wollen, auf ihn die Geschäftsordnung anzu-
wenden.
Tiebknecht (Fortf.): Nachdem ich dieses festgestellt hbabe, (Widerspruch)
ergiebt sich von selbst, daß eine untergeordnete Frage, wie die der Kompetenz
dieses Reichstageb, für uns nicht eristirt, und ich muß gesteben, die Männer,
welche die Norddeutsche Reichsverfassung von Anfang nicht anerkannt haben,
und welche hier dieser Kompetenzfrage eine ernsthafte Bedeutung beilegen,
crinnern mich blos an das Sprichwort von denjenigen, welche Kameele ver-
schlucken, und welche Mücken nicht herunter zu würgen vermögen. Nun
komme ich zur eigentlichen Sache. Es handelt sich, wie man sagt, darum,
die Deutsche Einheit herzustellen. — Was heißt denn Einheit? Dieses Wort
hat auch uns, wie gewiß einem Jeden von uns, in der Jugend das Herz
höher schlagen lassen; wir haben darunter aber nicht die Einigung eines
!) St. B. S. 152 l. u.