Dritte Berathung. Generaldebatte. Blanckenburg. 349
größer. Der Herr Abgeordnete Schulze hat uns appellirt auf dieser Seite
und hat gesagt: die Aristokratie dürfe nicht in Vorrechten bestehen, son-
dem in Vorpflichten. Ich wollte mir nur die Bemerkung erlauben, daß
es vielleicht der geehrte Herr Abgeordnete gar nicht weiß, wie einig wir über
diesen Punkt sind, und daß ich deßhalb ihm gar keine Entgegnung darauf
m machen brauche. Sodann hat der Herr Abgeordnete sich beklagt, daß
dieses Haus, den Verträgen gegenüber, in eine ganz besondere schlimme Lage
gesetzt worden sei, daß dieser Zwang, der durch die Verhältnisse auf uns
geübt würde, wenn ich mich so ausdrücken darf, eine Art Schändlichkeit sei,
dem man parlamentarisch widerstehen müsse — ja, meine Herren, eine Am
Schändlichkeit gegen das deutsche Volk, daß man mit solchen Maßregeln uns
wingen will, eine Art des Bundes anzunehmen, die doch nicht nach den
freiheitlichen Begriffen des Herrn Vorredners ganz zu rechtfertigen wäre. —
JIa,, meine Herren, sind denn dic deutschen Regierungen und Landesrertre-
tungen daran Schuld, daß die französische Nation, geführt unter ihrem
Kaiser, dem ganzen deutschen Vaterland den Krieg gemacht hat, recht eigent-
lich aus dem Grunde, damit es uns nicht einfallen soll, uns diploma-
tisch und militärisch röllig zu einigen!? Meine Herren, das war der rechte
Grund des Krieges. Was können wir nun dafür, daß wir um deßhalb
gleichsam gezwungen sind, den neuen Bund als Frucht des Krieges vor dem
Frieden abzuschließen? Der Herr Abgeordnete von Mallinckrodt hat nun hier
seine schweren Bedenken vorgetragen, und ich möchte sie fast sämmtlich kon-
serratire Bedenken nennen, nicht alle, aber fast alle, die ihn verhindern,
der ietzigen Bundesverfassung zuzustimmen. Unter anderem hat er ange-
führt, daß durch das Hinzutreten der süddcutschen Staaten viele von den
Bedenken, die er auch schon bei Jormation des Norddeutschen Bundes gehabt
bat, aufgehoben seien, daß sich die Verhältnisse nach dieser Richtung bin
verbessert haben. Dessen ungeachtet hat er uns ausgeführt, sei er außer
Stande, für das Zustandekommen des neuen Bundes zu stimmen, weil unter
anderm die ganz nothwendige Forderung eines zweiten Hauses, eines
Oberhauses, nicht erfüllt sei! Meine Herren, in Bezug hierauf stehe ich
mit ihm ganz auf demselben Standpunkte, auch meine Partei hat diese For-
derung gestellt, und so viel an uus gewesen ist, habe ich für meine Person
im Namen der Partei Alles getban, den verehrten Bundesrath zu vervoll-
ständigen und das, was er schon im Keime ist, vollständig aus ihm zu
machen: ein Staatenhaus! Meine Herren, es ist mir das nicht ge-
lungen. Es bat sich die Partei also jetzt nur die Frage vorzulegen: will
sie diese Anforderung als eine conditio sine qun non hinstellen und dann,
wenn es nicht geschieht, gegen die Verträge stimmen? Meine Herren, wir
baben einstimmig diese Frage verneint. Wir können das nicht, wir können
die Verantwortung nicht tragen und zwar aus mehreren Gründen. Einmal,
bat der Herr Abgcordnete nicht in Abrede gestellt, daß durch das Hinzutreten
der süddeutschen Staaten das (rreichen dieser unserer konservativen For-