Dritte Berathung. Generaldebatte. Blanckenburg. Künzer. 351
auszusprechen. Ich begrüße die Verträge mit den Südstaaten als den letz-
ten Stein des Baues, an dem das deutsche Volk, an dem die Vertretung
der deutschen Völker und an dem gerade die Männer jener Partei auf jener
Seite des Hauses (links) rüstig, unermüdlich und mit großem Eifer gear-
beitet haben. Die Einigung Deutschlands ist nicht blos ein Idcal gewesen.
Vir haben gehört und gelesen, daß Deutschland durch die sogenannte Klein-
stagterei, durch seine Zerrissenheit unendliche Nachtheile in jeder Beziehung
gebabt hat, und es wird Keiner hier im Hause sein, der dies irgendwie in
Abrede zu stellen wagt. Nun wird diese Zerrissenheit wenigstens zum Ersten-
mal im großen Flusse und im großen Maßstabe beseitigt. Deutschland wird
einig, wir stehen sogar auf dem Punkte, daß vielleicht der Preis des Sieges
unserer Truppen die Erwerbung nener deutscher Theile des ehemaligen
deutschen Reiches sein wird. Meine Herren, man hat uns den Vorwurf
gemacht, wir könnten gar keinen deutschen Bund und daher auch kein deut-
sches Reich konstituiren, weil die deutschen Prorinzen Oesterreichs noch nicht
zu uns gehören. Wie wir den deutschen Südstaaten gern unserm Arm ge-
wicht, um sie für den Norddeutschen Bund zu gewinnen, so hat niemalo
Jemand von uns dem widersprochen, daß es unser heißester Wunsch ist, es
möge auch ein Ausweg gefunden werden, um unsere deutschen Brüder in
Oesterreich zu dem großen herrlichen Deutschland zurückzubringen. Aber un-
sere Schuld ist es nicht, und um den Preis, daß Ungamn, czechische und an-
dere Elemente dei der Regierung des deutschen Kaiserreichs wieder im Vor-
dergrunde stehen, wollen wir auch die deutschen Brüder in Oesterreich nicht
baben. Treten einst diese Provinzen zum deutschen Verbande ohne einen sol-
chen nichtdentschen Einfluß, so werden sie von uns mit derselben Freude be-
grüßt werden, wie wir den Anschluß Süddeutschlands an unsern Bund be-
grüßen. Man hat uns gesagt, es werde über dem Deutschen Vunde nicht
Gott walten, man hat es mit einer gewissen Emphase gesagt, und es könnte
wohl in Deutschland wenigstens in einigen Kreisen den Anschein gewinnen,
als eb es wirklich so wäre. Meine Herren, ich von meinem Standpunkte
aus sehe in der Neugestaltung Deutschlands allenthalben das wunderbare
Walten Gottes. Wer sollte übrigens die Spitze, die monarchische Spitze
des geeinigten Deutschlands erwählen, wer sollte den Kaiser oder den
König der Deutschen küren? Wir bekamen in jeder Reichstagssession Pe-
titionen von Einzelnen, die den Reichstag aufforderten, er möchte die
Initiative ergreifen, und den Präsidenten des Norddeutschen Bundes zum
Kaiser ausrufen. Wir haben jedesmal diese Petitionen bei Seite gelegt.
Ber sollte nun die Initiative ergreifen? Sollten es unsere deutschen
Truppen, sollte es das „Volk in Waffen“, wie man sagt, die 800,000
Deutsche, die jetzt auf Frankreichs Boden stehen, — sollten die den deutschen
Kaiser ausrufen? Dann wäre die Klage erheben worden: das Militär nur
bat den Kaiser gewählt, und man hätte an die alten Verkommnisse er-
innert, wo die Legionen, wenn sie siegreich waren, ihren Führer zum