352 Verträge mit den süddeutschen Staaten.
Kaiser wählten. Das Volk in Waffen, das hat gekämpft, gerungen, ge-
duldet und gesiegt; aber um dem geeinigten Deutschland die monarchische
Spitze zu geben, dazu fühlt sich dieses Volk in Waffen nicht berufen.
Sollte es das Volk thun, was daheim ist, was seine edelsten Söhne, seine
Brüder, seine Väter zu dem Volke in Waffen nach Frankreich geschickt,
— sollte dieses Volk zu Haus den Kaiser ausrufen? Auch das konnte es
nicht. Es blieb nun nichts übrig, als daß die Vertreter des Volks und
zwar des deutschen Volks im Reichstage die Initiative ergriffen. Nun,
meine Herren, sind in dieser Initiative uns die Fürsten Deutschlands vor-
angegalgen, und ich halte dies durchaus nicht für eine Schädigung der
deutschen Freiheit und der deutschen Volksthümlichkeit; denn das, meine
Herren, lassen Sie mich mit Stolz sagen, daß in keinem Lande wie in
Deutschland das Band zwischen Fürsten und Volk ein so gesundes und
ein so kräftiges ist, daß das Volk sich niemals gekränkt oder verletzt fühlt,
wenn ein Fürst in eiuer guten Sache die Initiatire ergreift, und noch
niemals haben die Fürsten sich in ihrer Prärogative gekräukt gefühlt,
wenn in einer gerechten und guten Sache das Volk, oder die Vertreter des
Volks die Initiative ergriffen. Nun sind deun die Fürsten mit dem Bei-
spiel vorangegaugen, und sie haben, in Erstaunen gesetzt durch die Siege
der deutschen Einigkeit, den Entschluß, gewiß theilweise nicht ohne eine
gewisse Selbstverläugnung, gefaßt, dem Schirmherrn des Norddeutschen
Bundes durch Bildung eines Deutscheu Bundes den Kaisertitel und natür-
lich auch die Kaiserrechte anzubieten, und so den Wunsch des Deutschen
Volkes, dem Präsidium des Deutschen Bundes einen bestimmten, einen
greifbaren Namen, den Namen „Kaiser“ zu geben, erfüllt. Der Reichs-
tag aber tritt durch sein Votum bei. Meine Herren, das ist für mich von
unendlicher Bedeutung, daß in dieser Frage nicht einseitig zu Werke ge-
gangen wurde. Nun heißt es aber: wir, der Reichstag, wir sind über-
rascht worden. Ja, meine Herren, das ist wahr, aber wir wußten, daß
im Volke dieser Gedanke schon längst populär geworden.
NPräsident: Ich muß den Redner darauf aufmerksam machen, daß er
sich mit der Sache beschäftigt, die uns erst in der nächsten Sitzung be-
schäftigen wird, nicht in der gegenwärtigen.
Dr. Künzer (fortf.): Ich glaubte, ich müßte auf diese Art mein
Votum für die Vorlagen motiviren können.
Präsdent: Ich glaube das nicht nachlassen zu köuneu. Wir haben
dies zum Gegenstand einer besonderen Berathung gemacht.
I)r. Künzer (fortf.): Dies ist für mich weuigstens außerordentlich
maßgebend, mich mit Frenden für die Vorlage zu entscheiden. Wohl weiß