Baden. II. Kammer. Eckhardt. 389
balb aber wäre es besser ungeschaffen geblieben. Eine der allerbedenklichsten
Wänderungen der Verfassung wurde in Art. 78 getroffen. Derselbe lautet
jctzt: „Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetzgebung.
Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrathe 14 Stimmen gegen sich
haben.“ In der Norddeutschen Bundesverfassung waren zu Verfassungs-
Veränderungen zwei Drittel Stimmen erforderlich. In der zwischen dem
Nerddeutschen Bunde einerseits und Würtemberg, Baden und Hessen ander-
seits rereinbarten deutschen Verfassung wurde dieses Verhältniß, wie ich be-
teits früher erwähnte, auf drei Viertel erhöht. Die in der beaierischen
Schlußredaktion nochmals eingetretene Verschärfung findet die einfachste und
kürzeste Erklärung durch Verweisung auf den so eben erwähnten Ausschuß
für die auswärtigen Angelegenheiten, dessen Mitglieder, Baiern, Wür-
temberg und Sachsen, zusammen die 14 Stimmen besitzen, mit denen
sete Verfassungsveränderung rerhindert werden kann. Diese Bestimmung
räumt das von Baiern allein ursprünglich geforderte Veto den drei König-
nichen zusammen ein, in deren ausschließlichen Gewalt es hiernach liegt, jede
Beiterentwickelung der deutschen Verfassungsverhältnisse, also auch jede Ver-
bessenung zu verhindern. Die Commission hat sich Angesichts dieser für ein
bundesstaatliches Verhältniß exorbitanten Bestimmung die Frage vorgelegt:
eb es überhaupt zulässig sei, dem baierischen Vertrage die Zustimmung zu
entheilen. So stellt sich nämlich bei dem entschiedenen Festhalten Baierns
an dieser Bestimmung die Frage. Nun hört man zwar öfters sagen, eine
Zmückweisung Baierns habe nicht viel zu bedeuten, es werde später wieder-
kemmen und die Bedingungen seines Eintritts in den Bund würden dann
für diesen sich günstiger gestalten. Es mag dies sein. Allein wissen wir
se bestimmt, was Alles geschehen wird, während Baiern draußen steht?
So wie die Dinge gegenwärtig in Europa liegen, müssen wir vor Allem
wünschen, daß Deutschland rasch sich einige; wir haben ein großes und drin-
gendes Interesse daran, daß auch Baiern ein Glied des deutschen Reiches
werde, daß es Theil nehme an den Verhandlungen des Bundesraths, daß
es seine Abgeordneten in den Reichstags sende, daß es äußerlich und inner-
lich mit den Interessen der deutschen Nation sich verwachse. Je inniger das
gegenseitige Verhältniß sich gestaltet, um so mehr dürfen wir uns der Hoff-
nung hingeben, daß seiner Zeit auch das durch jene Verfassungsbestimmung
sich ausdrückende Mißtrauen schwinden und daß der Entwickelung des
deutschen Verfassungslebens, sei es mit oder ohne Aufhebung jener
Bestimmung, keine unnatürliche Schranke mehr entgegenstehen werde.
So sieht sich die Verfassung an, wie solche aus den Verhandlungen mit
Baiern hervorgegangen ist. Nun folgt aber noch eine lange Reihe von Be-
schränkungen, welche die so festgestellte Verfassung hinsichtlich ihrer Anwen-
dung auf das Königreich Baiern erleidet. So erstreckt sich das Recht der
Handhabung der Aufsicht Seitens des Bundes über die Heimatbs= und
Niederlassungsverhältnisse und dessen Recht der Gesetzgebung über diesen Ge-