II. Verhandlungen des hessischen Landtages.
A. Zweite Kammer.
Unter dem 5. Dezember 1870 wurden seitens des großherzoglichen Mi-
nisteriums des großherzoglichen Hauses und des Aeußern die Verträge, zu-
nichst der zweiten Kammer, zur verfassungsmäßigen Zustimmung zugefertigt’).
In dem vom Abgeordneten Hallwachs erstatteten Ausschuß-Be-
richt““) ist gesagt:
Bei Prüfung der uns vorgelegten Verträge kann es der berichtende
Ausschuß nicht als seine Aufgabe betrachten, die Bestimmungen der Nord-
deutschen Bundesverfassung, welche die Grundlage jener Verträge bilden,
einer nochmaligen begutachtenden Besprechung und Kritik im Einzelnen zu
unterziehen. Die Stände des Großherzogthums haben zu einer derartigen
Behandlung der gegenwärtigen Vorlage um so weniger Veranlassung, als
sie seiner Zeit die Verfassung des Norddeutschen Bundes in ihrem Gesammt-
inhalte für die nördlich des Maines gelegenen Gebietstheile bereits ange-
nommen baben. Es ist ebensowenig von praktischem Werthe, diejenigen
Veränderungen, welche die Bundesverfassung in Folge der Verträge mit den
süddeutschen Staaten erleiden wird, einer kritisirenden Erörterung zu unter-
werfen. Nachdem im Reichslage des Norddeutschen Bundes die Bedenken,
welche gegen jene Veränderungen vorwiegend von unitarischem Standpunkte
aus vorgebracht werden können, in ausführlicher Weise diskutirt worden sind
und diese Diskussion gleichwohl zu dem Ergebnisse geführt hat, daß die über-
wiegende Majorität des Norddeutschen Reichstages die Verträge ohne Vor-
behalt genehmigte — können die süddeutschen Landesvertretungen auf die
Biederholung einer deramigen, bei der gegenwärtigen Sachlage rein theore-
tischen Debatte verzichten. Doch ist es dem Berichterstatter wohl gestattet,
den ron dem Ausschusse zu stellenden Anträgen einige Erwägungen allge-
meineren Inhaltes vorauszuschicken. Man ist in Süddeutschland vielfach ge-
neigt, die Mängel der Verfassung des Norddeutschen Bundes in einem allzu
*) Beilage Nr. 426 zum 84. Protokoll vom .5 Dezemder 1870.
“) Beilage Nr. 435 zum 84. Protokoll.