Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Biegeleben. Backo. 435 
daß die Erreichung dieser Ziele viel schwieriger sein wird, nachdem wir einmal 
durch Verträge fest gebunden sein werden, deren getreue Erfüllung alsdaun unsere 
Pflicht sein wird. Ich bin überzeugt, daß es mir in diesem Saale an Gesin- 
mungsgenossen nicht fehlen wird und hege ich die Heffnung, daß man auch in 
Berlin, wenn man anders auf das, was hier gesprechen wird, dort achtet, 
in der Verfolgung dieser Ziele nicht den Geist principieller Feindseligkeit 
gegen den neuen Deutschen Bund erkennen werde, sondern nur das redliche 
Bestreben, diesen Bund in einer größere Dauer und Befriedigung ver- 
sprechenden Richtung zu entwickeln. 
Backé“): Meine Herren, wir sind heute als Vertreter des Großherzog= 
tbums Hessen anwesend. Als solche haben wir den Eid geleistet, nach bestem 
Wissen und Gewissen die Angelegenheiten unseres Landes zu fördern. Es 
sind uns nun heute die Verträge vorgclegt worden, welche zwischen dem Prä- 
fidium des Norddeutschen Bundes und Baiern, Würtemberg, Baden und 
Hessen abgeschlossen werden sind. Wenn ich mich hier auf den Standpunkt 
stele, den wir als Hessische Abgeordnete einnehmen müssen, so kann ich diesen 
Verträgen meine Zustimmung nicht geben. Man wird mir nicht vorwerfen 
konnen, daß ich auf solchem Standpunkte partikularistischer stehe als der 
Kenig von Preußen und Graf Bismarck. Diese haben die partikularistischen 
Interessen Preußens in den Verträgen so sorgsam gewahrt, daß für die übrigen 
Staaten nur eminente Nachtheile aus deren Annahme hervorgehen können. Es 
wird nicht zweifelhaft sein — ich glaube auch Diejenigen, welche für diese 
Verträge sind, werden mir darin beistimmen —, daß das Preußische Interesse 
ganz eminent prävalirt. Sie haben von meinem Herrn Vorredner gehört, daß 
und zum Theile in welcher Weise dieses Interesse besonders gewahrt worden ist. 
Benn nun Preußen resp. dat Präsidium des Norddeutschen Bundes uns als 
Vertragschließender gegenüber steht, so haben wir ganz dasselbe Recht und 
die Pflicht, die Vor= und Nachtheile unsererseits ebenfalls gegen einander 
abzuwägen, wie es Preußen gethan. Nach meiner sorgfältigen Prüfung 
wird aus diesen Verträgen nicht ein Deutsches Reich entstehen. Wenn die 
einzelnen Staaten nicht als Gleichberechtigte in solchen Verträgen einander 
gegenüberstehen, so wird nur ein vergrößertes Preußen aus diesen Verträgen 
zum Vorschein kommen, und es wird bei den Bestrebungen, unter welchen 
diese Verträge abgeschlossen worden sind, nicht geleugnet werden können, daß 
sie nicht gecignet sind, ein wirklich geeignetes und gegen einander gleichberech- 
tigtes Deutschland hervorzurufen. Nach dieser Prüfung kann ich den Ver- 
nägen meine Zustimmung nicht geben. Ich werde gegen dieselben stimmen 
und ich glaube mich dazu verpflichtet durch den Eid, den ich geleistet, das 
Wochl des Landes, insbesondere des Großherzogthums, mitfördern zu helfen. 
  
*) S. 15 u.
	        
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