Gagern. 451
ic füblte mich, was die Zukunft der deutschen Frage anlangte, nicht abge-
screct. Die Art aber, in der meine Eröffnungen damals aufgenommen
wurden, bewies, daß die Schwierigkeiten, welche im Innern Baierns zu über-
winden, außerordentlich groß waren, und der hochherzige Entschluß und die
Hingabe an das große Deutschland, welche der König von Baiern jetzt be-
tbätigt, war damals nicht vorauszusehen. Der Minister der auswärtigen
Mgelegenheiten Baierns gesann an mich, ich möge die Ansichten, welche ich
im Auftrag Großherzoglicher Regierung ihm gegenüber entwickelt hatte,
schriftlich ihm mittheilen und ich that das. Ich glaube der Ansichten, die
damals im Namen der Regierung geäußert wurden, Erwähnung thun zu
fellen; sie sind die beste Rechtfertigung Großherzoglicher Regierung gegen den
est gehörten Vorwurf, daß sie den Wiederzusammenschluß Deutschlands nicht
wolle und Alles thue, um ihn zu verhindern. — Ich knüpfte bei der Eröff-
mung, die ich zu machen hatte, an die besprochene Baierisch-Würtembergische
„Ministerial-Erklärung“ an, deren zwei einleitende Sätze noch jetzt die volle
Zustimmung Großherzoglicher Regierung hätten. Der erste Satz nämlich:
(aß eine vorherige Einigung der Süd-West-Deutschen Staaten über die
Basis, auf welcher sie mit dem Norddeutschen Bund verhandelm wollen,
durch die Natur der Sache, durch das gemeinsame Interesse und durch den
Geist der Verträge geboten sei;“ meine Herren, diese Erklärung hat zuerst
Baiern der Hessischen Regicrung gegenüber gemacht; die Baierische Regie-
ang ist derselben nicht treu geblieben; denn während der letzten Phasen der
Verhandlungen, nachdem der Herr Bundes-Minister Delbrück im October
in München gewesen war, um sich über die Baierischen Absichten bezüglich
des Wiederzusammenschlusses des Deutschen Bundes zu orientiren, ist von
Seiten Baierns kein Schritt geschehen, um eine Einverständigung mit Hessen
berbeizuführen. Was zwischen Baiern und Würtemberg und etwa auch Baden
rerhandelt worden ist, weiß ich nicht. Ich will aber Baiern einen Vorwurf
nicht gemacht wissen, wie das in dem Ausschußberichte geschehen ist. Meine
Herren, noch einmal, ich habe mich überzeugt, mit welchen Schwierigkeiten
und mit welcher Parteiung im Innern die Baierische Regierung zu kämpfen
batte, um zu einer so entscheidenden, so die Frage lösenden Entschließung zu
kemmen, wie diese jetzt vorliegt. Sie hing von Faktoren ab, deren Willensäuße-
wungen von heute auf morgen nicht zu berechnen waren. Unter solchen Umständen
ist es schwer, eine Verständigung mit anderen und solchen Staaten zu suchen,
die, in anderer Lage als Baiern, bei geringem Angebote sich nicht würden be-
friedigt erklärt haben. Auch zu dem zweiten einleitenden Satze, von welchem die
1867er Baierisch-Würtembergische Ministerial-Erklärung ausgegangen war,
batte ich die fortdauernde Hessische Zustimmung erklärt, zu dem Satze nämlich:
„daß einem Bundesvertrage, welcher in der Auodehnung der bestehenden Ver-
fassung des Norddeutschen Bundes auf die Südstaaten bestehen würde, die Zustim-
mung zu verweigern seis. Ich wiederhole ausdrücklich: es war nicht die Absicht
der Greßherzoglichen Regierung, daß pure die Verfassung des norddeutschen
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