Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

470 Hessen. Verhandlungen der zweiten Kammer. 
kaun und daß es zwischen ihm und uns auf dem einen oder anderen Weg 
zu einer innigen Einigung kommen wird. Es kann Niemand den Weg an- 
geben, wie gerade die Einigung erfolgen wird, aber ich weiß, daß Deutsch- 
land in der That einen Anspruch auf Deutsch-Oesterreich hat. Meine 
Herren, der Herr Abgeordnete v. Biegeleben hat meines Ermessens Recht. 
Von seinem Standpunkt muß ich unterschreiben, was er ruhig und klar vorgetra- 
gen und gezeigt hat, wie sich die Sache für ihn stellt. Aber ich glaube doch, 
daß er in verschiedenen Beziehungen einen logischen Irrthum (hervorgerufen 
durch die Gesammtanschauung, von der er ausgeht) begangen hat. Wenn 
er z. B. gegen den neuen Deutschen Bund anführt, daß der Sieg über Frank- 
reich auch ohne dessen Bestehen gelungen wäre, daß der Enthusiasmus in 
Deutschland dazu geholfen, so muß er mir zugeben daß dieser Enthusiasmus 
gerade durch das Bestehen der Militärverträge und der Verträge in Bezug 
auf die auswärtigen Verhältnisse geweckt wurde, die nur durch das Jahr 
1866 möglich waren. Bei einer Vergleichung der Verhältnisse ron 1866 
und 1870 werden Sie mir zugestehen, daß nur die Verträge vom Jahre 
1866 die Leistungen Süddeutschlands im Jahre 1870 ermöglicht haben. 
Und was den Aufschwung der Begeisterung für die nationale Sache betrifft, 
so frage ich ganz offen, ob er etwa von der Herrn v. Biegeleben sym pathi- 
schen Richtung (da er nach Versicherung des Herrn Ministerpräsidenten keiner 
Partei angehören soll) oder nicht vielmehr von den Parteien der nationalen Rich- 
tung ausgegangen?! Schon lange wurde die Vertretung Deutschlands in einem 
Parlament angestrebt und die unserer Nation durch die Verhältnisse gewordene 
Freiheit uns staatlich zu konstituiren ist allein schon das größte Opfer 
werth, und ich hoffe, die Opfer der Hunderte und Tausende von Familien 
werden im Laufe der Jahre und jedenfalls Jahrzehnte mehr als reichlich belohnt 
werden. Der Herr Abgeordnete Backé hat von dem Hessischen Standpunkt 
ausgesprochen und im Hinblick auf seinen Eid, welcher ihn verpflichte das Hes- 
sische Wohl zu wahren erklärt, daß er dem Vertrag nicht zustimmen würde. Er 
hat es aber unterlassen, Thatsachen anzugeben, was denn eigentlich das Hessische 
Volk benachtheilige, wodurch denn die Verträge unser Hessen ins Verderben bringen. 
Ich hätte sehr gewünscht derartige Thatsachen zu hören, um ihm antworten zu 
können. Wie er sich ausspricht, muß er überhaupt jeder Deutschen Eini- 
gung widersprechen, weil dadurch gewisse Reste von Hessens Selbständigkeit 
aufgegeben werden. Ich will nur — ohne Beleidigung, aber allerdings in 
scharfer Herrorhebung des gegenseitigen politischen Standpunkts — den Herrn 
Abg. Backé fragen, ob er die nämlichen Bedenken haben würde, wenn es sich 
darum gehandelt hätte, diese Deutsche Centralgewalt statt einem Mitglied 
des Hauses Hohenzollern dem Hause Habsburg zu übertragen?! 
Backé: (dazw.): Jal 
Metz: Ich glaube, eine derartige per sönliche Frage kann nicht ab-
	        
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