498 Würtemberg. Kammer der Abgeerdneten.
Da der budgetmäßige Betrag der letzteren nur aus dem Finanzgesctz ersicht-
lich, nur durch dieses Gesetz festgestellt sein kann, so ist es dem Bundes-
präsidium nicht gestattet, Matrikularumlagen einzuziehen, ohne daß dieselten
gesetzlich festgestellt, d. h. verwilligt wären. Kommt es aber einmal zur Ein-
führung von Bundessteuern, so wird der Reichstag sich bezüglich derselben
aus Veranlassung der erstmaligen Verabschiedung ein periodisch wiederkehnn=
des Verwilligungsrecht schon zu wahren wissen.
Insoweit wäre also die Sache in der richtigen konstitutionellen Ordnung,
obgleich eine deutlichere Hervorhebung der Rechte des Reichstags bezüglich der
Ausgaben= und Einnahmenverwilligung immerhin wünschenswerth gewesen
wäre.
Nu kommt aber die eigenthümliche Bestimmung der Bundesverfassung,
daß die dem Bundesfeldherrn bis zum 31. December 1871 zur Verfügung
gestellten 225 Thaler für jeden Kopf der Friedensstärke des Heeres auch nach
diesem Termin von den einzelnen Staaten des Bundes zur Bundeskasse feu-
bezahlt werden sollen. Allerdings ist die oben erwähnte Bestimmung beige-
fügt, daß die Verausgabung dieser Summe für das gesammte Bundes-
heer und dessen Einrichtungen durch das Etatsgesetz festgestellt werden selle.
Wenn aber auch hienach die Verausgabung dieser Gelder von der gesetzlichen
Verwilligung abhängt, so ist es doch außer Zweifel, daß für den Betrag
dieser 225 Thaler, multiplicirt mit der Friedenspräsenzstärke des Hecres, dem
Reichstage ein periodisch wiederkehrendes Einnahme-Verwilligungsrecht nicht
zusteht.
Auf diese Anomalie reduciren sich bei näherer Prüfung im Wesentlichen
die Beschwerden über eine ungenügende Stellung des Reichstags im Ginanz-
wesen. Allein die Weiterentwicklung der Bundesgesetzgebung wird, wir hoffen
es mit Zuversicht, über dieselbe im Sinne der Erweiterung der Volkerechte
hinausgehen. Zudem rermöchten wir auch abgesehen von dieser Hoffnung
und den sonstigen allgemeinen Gründen diesem Einwand deßwegen kein ent-
scheidendes Gewicht beizulegen, weil die etwaigen Ueberschüsse an der betref-
fenden Summe nach vollständiger Bestreitung der durch das Etatsgesetz fest-
gestellten Militairausgaben von der Bundesregierung keineswegs willkürlich
verwendct werden dürfen, dieselben vielmehr nach der deutlichen Bestimmung
des Art. 70 für sonstige gesetzlich festgestellte Bundesausgaben in Gemäßheit
des Finanzgesetzes verwendet werden müssen und darüber kein Zweifel
bestehen kann, daß es unter den gegebenen Umständen an Gelegenheit zu
entsprechender Verwendung nicht fehlen wird.
Hiemit glauben wir unsere Erörterung über die Bundesrerfassung selbst
schließen zu können, und erachten wir auf Grund des Ausgeführten den
Antrag auf deren Annahme für gerechtfertigt.
S. 13.
Wir gehen nunmehr zu den besonderen Einräumungen über, welche den