Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

508 Würtemberg. Kammer der Abgeordneten. 
zu weiteren Kriegen geben kann. Es ist daher anzuerkennen, daß diese 
Lage den Südstaaten in Zukuuft viele Opfer militärischer Natur auferlegen 
kann. Auch ohne den Eintritt in einen sogenannten Deutschen Bund, wie 
der Nordbund und der vorliegende Bund sind, würde, glanbe ich, Niemand 
unverständig genug sein, um dieser Thatsache nicht die entsprechende Rech- 
nung zu tragen. Allein, meine Herren, aus diesen Verhältnissen und aus 
der Thatsache, daß die süddeutschen Heere am Kriege mit derselben Tapfer- 
keit wie die norddeutschen theilgenemmen haben, daß die Heere der füd- 
deutschen Staaten dem Norden von unendlichem Nutzen waren und sind, 
— aus diesen Verhältnissen und Thatsachen folgt nicht, daß die Südstaaten 
ihre Unabhängigkeit, daß sie ihre staatlichen Rechte, ihre Freiheit und ihren 
Wohlstand nun durch den Eintritt in einen Bund aufopfern müssen, in 
welchem schon aus dynamischen Gründen, wegen der überwältigenden 
Uebermacht eines Staates und wegen seiner Vorrechte, keine Rede davon 
sein kann, daß ihre berechtigten Ansprüche zur Geltung kommen und daß 
ihnen die großen Güter, deren ich erwähnt habe, gewahrt werden. Man 
hat an einem andern Orte von hervorragender Stelle gesagt: auch wenn 
man großdeutsch gesinnt sei, so könne man der Wittwe nicht nachahmen, 
die nach Verlust ihres Mannes ewig Wittwe bleiben will. Meine Herren, 
dieß ist zwar eine geistreiche Bemerkung, aber ich halle sie nicht für richtig: 
die Wittwe, meine Herren, hat sich, meine ich, wohl vorzusehen, wenn von 
einer neuen Verbindung die Rede ist, ob es eine glückliche Ehe werden 
könne. Meine Herren, ich habe mäßige Begriffe von dem Glück in dieser 
Ehe. Erlauben Sie mir nun, daß ich den günstigen Betrachtungen, welche 
der Herr Berichterstatter (ohne sich auf das Nähere einzulasseu) der neuen 
Verfassung gewidmet hat, — daß ich denselben etwas weniger befangene An- 
sichten gegenüberstelle. Meine Herren, die neue Verfassung giebt den 
deutschen Fürsten und Volksstämmen einen Kaiser. Meine Herren, wenn 
man einen Kaiser hat, so ist man sein Unterthan. Das ist, glaube ich, 
eine logische Folgerung. Die Fürsten, welche, wie man sagt, aus eigener 
Bewegung (ich glaube, man kann dieß dahingestellt sein lassen) die Kaiser- 
krone angeboten haben, diese Fürsten werden die Unterthanen des Kaisers. 
Dieß wäre am Ende Geschmackssache, und man könnte sagen: volemi non 
tit injuria. Aber die Sache geht eben auch die Angehörigen der Länder 
an, welche bis jetzt ihre Fürsten als Könige und Großherzoge souveräner 
Staaten gehabt haben; diese Staatsangehörigen werden zwar nicht unmittel- 
bare Unterthanen des Kaisers (vielleicht übrigens auch dieß) — sie werden 
aber jedenfalls die Hintersaßen von Fürsten, welche jetzt Untertbanen des 
Kaisers werden. Man hat aus dieser Kaiserkrone in Berlin auch sogleich 
die entsprechende Folgerung gezogen; man hat sogleich den Bund in ein 
Reich umgetauft und sich die weiteren Aenderungen in der Verfassung, 
welche sich hieraus ergeben werden, mit der bezeichnenden Bemerkung des 
Herrn Präfidenten des Bundeskanzler-Amtes vorbehalten, „#es handle sich
	        
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