Mohl. 515
einzige Erhoͤhung der Militärlasten, welche sich mit Annahme der Verträge
ergeben wird, sondern wenn Sie sich die Rechnung angestellt haben, wie sich
künftig der Friedens- und der Kriegsstand gegen jetzt berechnet, so werden
Sie gefunden haben, welche ganz ungeheuere Erhöhnng der Militärlast auch
dadurch eintritt, daß wir statt eines halben Armeekorps ein ganzes Armee—
korps im Frieden auszubilden und im Krieg zu stellen haben sollen. Das
Verbaäͤltniß der Präsenz ist allerdings nicht wie 1:2 im Friedens-
stand, wohl aber nähert es sich diesem Verhältniß im Kriegsstand so ziem-
lich). Nun, meine Herrn, sagt man uns zwar: es sei eine einfache Forderung
des Rechts, daß wir die gleichen Kriegslasten wie Preußen zu tragen haben.
s ist dies jedech, was man eine pelitio principi nennt. Ja wenn wir in
den deutschen Bund unter Annahme eines so drückenden Militärsystems treten,
dann ist es allerdings eine natürliche Konsequenz dieses Eintrittes, daß wir
auch an den Lasten desselben unsern verhältnißmäßigen Theil tragen müssen;
aber eine andere Frage ist es, ob wir denn in einen solchen Bund
treten und ob wir ebendamit das Joch eines solchen Militärsystems auf
uns nehmen wollen, an welchem nicht eimmal die Mehrheit der Stim-
men im Bundesrathe irgend etwas ändern kann ohne die Genehmigimg
des Kaisers, — ob wir in einen solchen Bund eintreten, uns einem
Militärsostem unterwerfen sollen, welches die Volkskräfte in einem solchen
Maße aufzehrt, daß die Kulturzwecke, wie sich dieo an dem Beispiele Preu-
ßens durch die überzeugendsten Belege nachweisen läßt, in den allerwichtigsten
Bezichungen nothleiden. Meine Herren, wir haben es nicht verschuldet, daß
der deutsche Bund im Jahre 2806 zerrissen worden ist; wir haben es nicht
rerschuldet, wenn im Folge der Zertrümmerung des Bundes Preußen in die
Lage kommt, den Angriffen freumder Mächte auegesetzt zu sein; wir haben
allerdings einen Allianzvertrag mit Preußen und sind nach diesem verpflichtet,
alle unsere Wehrkräfte, wie sie sind, im Kriegsfalle in die mit Preußen ge-
meinschaftliche Aktion einzuwerfen; aber dazu, meine Herren, haben wir, nach
meiner Ansicht, weder eine sittliche noch rechtliche Verpflichtumg, uns einem
Bundesverhältnisse, wie dem vorliegenden, und Bestimmungen zu unterwerfen,
durch welche ein solch übertriebener KAriegsaufwand von ums rerlangt wird.
Meine Herren! Ich glaube nicht einmal, daß auf die Dauer dieser unge-
krure Kriegsaufwand die Machtverhältnisse von Deutschland gegenüber von
dem Auslande verstärken wird. Sie sehen, daß jetzt schon die europäischen
Staaten um die Wette das preußische Militärsystem einführen; dieselben
sagen: wenn ein Staat eine solche ungebeime Kriegsmacht aufstellt, so sind
Fir zu unserer Vertheidigung genötbigt das Gleiche zu thun. Sie sehen,
meine Herren, daß Oesterreich bereits das preußische Mililärsystem eingeführt
bat, daß von einer bereits ausgebildeten Armee dieses Reiches von 8—900,000
Mann in den Verhandlungen in Pesth die Rede ist; daß Rußland dieses
— —
*!) Die nun folgende Berechnung haben wir weglassen zu sollen geglaubt.
33“