564 Würtemberg. Kammer der Standesherrn.
B. Kammer der Standesherren.
Staatsminister Freiherr v. LTinden als Referent’?): Dem historischen
Gange der Verhandlungen folgend, beehrt sich Ihre Kommission, die Auf-
merksamkeit des hohen Hauses zunächst auf das Protokoll d. d. Versailles,
15. November d. J., zu lenken, wornach, nachdem Seine Majestät der
König von Preußen, im Namen des Norddeutschen Bundes, Seine König-
liche Hoheit der Großherzog von Baden und Seine Königliche Hoheit der
Großherzog von Hessen und bei Rhein übereingekommen waren, über die
Gründung eines deutschen Bundes in Verhandlung zu treten,
Bevollmächtigte dieser Regierungen sich zusammenfanden und sich über die
Verfassung dieses neuen Deutschen Bundes dahin verständigten, wie solches
aus der Anlage des Protekolls ersichtlich als allseitig bekannt vorauszu-
setzen ist, auch sich darüber einverstanden erklärten, daß diese Verfassung,
vorbehältlich der später erwähnten Maßgaben, mit dem 1. Januar 1871
in Wirksamkeit treten soll. Unter den einzelnen Punkten, welche in dem
bezeichueten Protokoll noch besonders berührt sind, verdient hier hervorge-
hoben zu werden die Ziffer 8, wornach zu Art. 78 der Verfassung alljeitig
„als selbstverständlich angesehen wurde, daß diejenigen Vorschriften der
Verfassung, durch welche bestimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren
Verhältniß zur Gesammtheit festgestellt sind, nur mit Zustimmung des
berechtigten Bundesstaates abgeändert werden können.“ Nach Erwähnung
dieses Protokolls, wodurch also das Verhältniß der Großherzogthümer
Baden und Hessen zum neuen Deutschen Bunde festgestellt erschien, hat
Ihre Kemmission auf das Protokoll d.d. Versailles, 23. November d. J.,
überzugehen, wodurch das Verhältniß des Königreichs Baiern geregelt wird.
Laut desselben haben Seine Majestät der König von Preußen, im Namen
des Norddeutschen Buudes, und Seine Majestät der König von Baiern
„in der Absicht, die Sicherheit des Deutschen Gebietes zu gewährleisten,
dem Deutschen Rechte eine gedeihliche Eutwicklung zu sichern und die
Wohlfahrt des Deutschen Volkes zu pflegen,“ beschlossen, über Gründung
eines Deutschen Bundes Verhandlungen zu eröffnen, und zu diesem Behufe
Bevollmächtigte ernannt, welche sich über die aus den vorgelegten Akten-
stücken ersichtlichen Vertragsbestimmungen geeinigt haben. Unter den Ab-
änderungen sind neben sonstigen Modifikationen theils solche enthalten,
welche auch schen von Baden und Hessen gutgeheißen worden sind, theils
solche, welche sich auf Baiern insbesondere beziehen. Unter den letzteren
*.) 2. Sitzung vom 29. Dezember 187. Verhandlungen dieser Kammer im Dezeme
der 1870 und Januar 1871, Stuttgart, Hallberger, Prot. Bd. I. S. 13.