Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

578 Wöürtemberg. Kammer der Standesherrn. 
bewahren zu können. Es nöthigt uns also nicht blos die etwaige Annahme 
der vorliegenden Verträge es nöthigen uns schon die eigensten Interesse 
Würtembergs wie des gesammten Deutschlands zu kräftigster Ausbildung 
und möglichster Bereithaltung unserer Heeresmacht. Es soll deshalb auch 
in dem Folgenden nicht gegen deren Vermehrung im Ganzen eine Ein- 
sprache erhoben, nur einzelne der wichtigsten Punkte in den vorgeschlagenen 
Verträgen sollen als solche bezeichnet werden, welche, ohne für die Sicha- 
heit des ganzen Deutschlands und damit auch Würtembergs nothwendig zu 
sein, unseren Interessen entschieden zuwiderlaufen. Dahin gehört: 1) e 
darf wohl als bekannt vorausgesetzt werden, daß nach den preußischen Be- 
stimmungen über die Dienstzeit alle Militärs mit Ansnahme der sogenann- 
ten Einzährigen drei Jahre bei der Fahne präsent gehalten werden soller. 
Nur als eine Art von Gnadensache kann das Kriegsministerium eine Ab- 
kürzung dieser 3 Jahre Einzelnen gewähren. Daß jede Verlängerung der 
Dienstzeit des Einzelnen eine Steigerung der Ausgaben des Staats für 
das Heer im Ganzen veranlaßt, ist eben so unzweifelhaft als die ungemeine 
Belästigung, welche für den Einzelnen daraus hervorgeht, wenn er in einer 
Zeit, da die Ausbildung für seinen Beruf meistens noch nicht als vollendet 
betrachtet werden kann, dieser Ausbildung, wenn er ferner der Möglichkeit 
des eigenen Erwerbs auf 3 Jahre entsagen soll. Daß aber bei sämmtlichen 
Militärs eine 3jährige Präsenz nothwendig wäre, um sie zu brauchbaten 
Streitern zu bilden, daß namentlich ein Heer, das zur Vertheidigung des 
eigenen Landes in's Feld rücken soll, auf gute Erfolge nur dann hoffen 
lasse, wenn jeder Einzelne vorher einer 3jährigen Präsenz unterworfen 
war, das wird von vielen erfahrenen Militärs bestritten, und durch die 
Wahrnehmungen im Kriege ven 1870 gewiß nicht bestätigt. Und dech 
müssen unumstößliche Beweise einer solchen Nothwendigkeit vorliegen, um 
eine so drückende Last auf das Land übernehmen zu können. 
2) Es muß ferner als dem Interesse des Landes entschieden zuwider= 
laufend bezeichnet werden, wenn durch den Art. 5 der Verfassung bestimmt 
werden will, daß kein Gesetz über militärische Gegenstände, keine militärische 
Einrichtung ohne Zustimmung des Königs von Preußen abgeändert 
werden könne. Daß die politische Lage des Augenblicks gebietet, unsere 
militärische Rüstung auf ein möglichst hohes Maß zu steigern, wurde oben 
unumwunden anerkannt. Aber eine für die Staatskasse und für die Ein- 
zelnen und ihre Familien so überaus drückende Last darf nicht länger auf- 
erlegt bleiben als eben die politische Lage fie gebieterisch fordert. Es mag 
vielleicht noch eine längere Zeit währen, bevor das Bewußtsein von der 
Nothwendigkeit Europa wieder zu dauerndem Frieden zu verhelfen, und 
die Militärlast von ihrer unerträglichen Höhe herabzuschrauben in allen 
für den Frieden Europas entscheidenden Kreisen zum Durchbruch gelangt. 
Aber sobald der Augenblick gegeben ist, wo eine Herabsetzung dieser Mili- 
tärlast möglich wird, müssen wir auch die Möglichkeit haben, anf diese
	        
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