Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Neurath. 583 
stärken, wenn, was noch unsicher ist, Baiern seinen Eintritt in den neuen 
Bund ablehnt. Selbst Diejenigen, welche geneigt wären, dem Vertrage 
beizustimmen, sollten wenigstens ihre Zustimmung nur unter der 
Bedingung ertheilen, daß auch Baiern dem Vertrage definitiv beitritt. 
Nach den Bestimmungen unserer Verfassung haben die Ständemit- 
glieder bei ihren Berathungen als unzertreunlich von dem Wohl des 
Vaterlandes auch das Wohl des Königs zu beachten. — Es könnte 
scheinen, als sei es unstatthaft, in dem vorliegenden Falle den Einfluß der 
Verträge auf die Interessen des Königs noch besonders hervorzuheben, da 
Seine Königliche Majestät Höchstselbst die Zustimmung zu den Verträgen 
den Ständen haben ansinnen lassen. Allein es liegt aller Grund vor zu 
glauben, daß Seine Königliche Majestät, indem Sie dieß thaten, Sich nur 
ren der edelmüthigen Absicht leiten ließen, durch ein Opfer an Ihren 
Rechten, welches Höchst Sie bringen, das Wohl des Landes zu fördern. 
Je mehr man nun durch die oben bezeichneten Gründe zu der Ansicht ge- 
langt, daß diese Opfer nicht zum wahren Wohle des Vaterlandes gereichen 
würden, desto mehr wird man auch beachten müssen, wie erheblich die 
Annahme der Verträge die Stellung des Königs und seine dereinstigen 
Regierugknachfolger zu beeinträchtigen droht. Ein höchst bedeutender Theil 
der unserem durchlauchtigsten Landesherrn bisher zugestandenen Hoheitsrechte 
würde auf den König von Preußen übertragen werden theils unmittelbar 
tbeils indirekt, da Preußen in dem Bundesrathe den überwiegendsten Ein- 
fluß befigt. Wer möchte verbürgen, daß nicht solche einem andern Monar- 
chen eingeräumte Einwirkung einen störenden Einfluß auf manche wohl 
berechtigte Wünsche und Interessen Seiner Majestät des Königs üben 
könnte? Wer verbürgt, daß nicht der verwickelte und zugleich kostspielige 
Organismus zweier neben einander bestehender Staatsgewalten, die hoch- 
gesteigerte Militärlast verbunden mit wirklicher oder vermeintlicher Hintan- 
setzung der Interessen Würtembergs gegenüber von denjenigen preußischer 
Provinzen und Anderes bald eine Mißstimmung mit den jetzt zu schaffen- 
den Eimichtungen und ein noch stärkeres Drängen nach vollständiger Aus- 
bildung des Einheitsstaates hervorrufen, diese aber dann in einer den 
Interessen des Königl. Hauses wenig zusagenden Weise ihre Durchführung 
ctlangen könnte? 
Auf alles Vorstehende stützt sich denn der Antrag: 
„Die Zustimmung zu den vorliegenden Verträgen abzulehnen; 
eventuell aber, denselben jedenfalls nur unter der Bedingung 
zuzustimmen, daß dieselben auch für Baiern definitiv rechts- 
verbindlich werden.“) 
  
*) Folgt die Rede von Prof. Dr. v. Kuhn S. 26 l. u., Frhr. v. Holzschuher S. 27 
I. ö. und Frhr. v. Linden S. 29 l. m.
	        
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