Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

598 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
indem ich vom Hauptvertrage und vom Schlußprotokoll Abschied nehme, 
nur noch eine Interpretation zu besprechen, die man unserem Vertrage 
gegeben hat. Es ist aufgefallen, daß der Vertrag mit Würtemberg die 
Bestimmung enthält, es sollten Ersparungen auf dem Gebiete des Militär- 
etats der Staatskasse anheimfallen, und daß sich in dem baierischen Ver- 
trage eine solche Bestimmung nicht findet. Ich habe Ihnen dieses aufzu- 
klären. Die Bestimmung wurde nicht aufgenommen, weil sie sich ganz von 
selbst versteht, für uns ganz von selbst versteht, und vielleicht nicht in dem- 
selben Maße für Würtemberg. Ich bin auch ganz überzeugt, daß wenn 
der erste Zorn darüber verraucht ist, daß Baiern eine selbstständigere Stel- 
lung hat als den anderen Staaten eingeräumt ist, auch von den auderen 
Staaten die Interpretation nicht wird festgehalten werden wollen, welche 
man unserem Vertrage in dieser Beziehung bisher an manchen Orten ge- 
geben hat. Sind wir erst einmal wirklich in dem Bunde vereint, so wird 
auch eine vernünftige Auslegung unseres Vertrages Platz greifen und diese 
kann gar keine andere sein als daß die Würtemberg ausdrücklich zugestan- 
dene Bestimmung bei uns selbstverständlich ist. Wie das, meine Herren? 
Wenn ein Budget festgesetzt ist und man eine gewisse Summe für ein 
Ressort bewilligt hat, so hat das den Sinn, daß abgesehen vielleicht ven 
einzelnen Ausgaben, die gesetzlich gemacht werden müssen, die Regierung 
hiemit das Recht erhält die Summe auszugeben; es ist aber glaube ich 
noch Niemand eingefallen zu sagen, daß die Regierung auch die verfluchte 
Schuldigkeit hat, den letzten Heller der für dieses Ressort bestimmten 
Summe zu verwenden. Eine solche Auslegung wäre geradezu unvernünf- 
tig und wenn man Baiern zumuthen wollte, den letzten Heller seines 
Militäretats auszugeben, so würde das nichts anderes sein, als wenn man mit 
einer Art von Ranküne zu Baiern sagte: weil du eine eigene Stellung eingenom- 
men hast, so wirst du dadurch gestraft, daß du äußersten Falls ganz unnöthige 
und widersinnige Ausgaben machen mußt, um dein Geld an den Mann zu 
bringen. So haben die Paziszenten den Vertrag nicht gedacht. Auch in 
der Norddeutschen Bundesverfassung ist mit keiner Silbe gesagt, daß Er- 
sparungen gemacht werden dürfen, vielmehr hat man das als ganz selbst- 
verständlich vorausgesetzt, daß es bei einer sparsamen Verwaltung recht wobl 
möglich sein wird, trotz der Erfüllung des Bundes pveckes Ersparungen zu 
erzielen. Aber man hat es dort für nothwendig erachtet zu sagen, wo die 
Ersparungen hinkommen, wenn solche sich ergeben. Man hat die Central= 
kasse dazu bestimmt, weil man nicht dazu verführen wollte, daß in den ein- 
zelnen Staaten am Militäretat abgezwickt würde und die militärischen In- 
teressen durch Vernachlässigung der Ausbildung oder Ausrüstung der Trup- 
pen ꝛc. geschädigt werden, nur um ein Paar Tausend Gulden für andere 
Zwecke dabei zu ersraren. Uns gegenüber wird man dieselbe vermünftige 
Auslegung gelten lassen wie jedem anderen Staate gegenüber, nämlich daß
	        
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